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Mythen, ^»agen, Märchen und legenden.
Wir betreten hier ein Gebiet, in welchem der poetische Sinn des Volkes wahre
Wunderschätze ins Dasein gezaubert hat, und zwar in einer reichen Fülle und Mannig-
faltigkeit, Die folgende Skizze muß sich jedoch auf die Hauptsache beschränken, auf die Vor-
führung der wichtigsten dem Volksglauben zu Grunde liegenden Gestalten und Motive.
Der mythische Wodan begegnet uns in der wilden Jagd (im V. O. M. B. auch das
„Dvnnerhuudl" genannt). An die Stelle des heidnischen Gottes ist im christlichen Volks-
glauben der Teufel getreten. Das wilde „G'joad" geht nur „kniehoch" über dem Boden,
so daß man sich davor schützen kann, wenn man sich platt auf die Erde legt. Hunde solleu
Nachts von der Kette gelassen werden, denn sie müssen, wie andere Thiere, mitjagen.
Seitenstücke zur wilden Jagd find: der „höllische" oder „schwaari" (schwere) Wagen,
welcher mit kopflosen schwarzen Pferden bespannt Nachts polternd über die Häuser
dahinrast (V. U. W. W), und der gespenstige Donauschiffzug, dessen Gefährte unter
unheimlichem Schnauben der Rosse und wildem Geschrei der Schiffsknechte dem Strom-
ufer entlang zieht. Wodan erkennt man auch im „todten Schimmelreiter", sowie
einzelne mythische Spuren in dem buckeligen, zwerghaften Todtenmann („Todamann").
Von Frau Berchtas Rache erzählen eiuige Sagen imIbbsthal (die „Berschtl-Ohrfeige",
der geblendete Bauer.) Die Riesen müssen einst arg gehaust haben. So belagerten sie
z. B. einmal die Stadt Litfchau (V. O. M. B.) und der Riese Änother, von welchem
das Geschlecht der Einöder stammen soll, folgte Karl dem Großen „aus Schwaben" in
den Avarenkrieg. Er durchwatete die tiefsten Flüsse und trug Feinde, gleich Fröschen an die
Lanze gespießt, vom Kampfplatze. (Ötfchergebiet.) In mehrere andere Riesensagen spielt
die christliche Christophornslegende hinein. Von den Zwergen, welche „zwischen Licht uud
Dunkel" ihr Versteck verlassen, fürchtet man nur die schwarzen, mehr oder weniger tückisch
aber sind sie alle. Gleichwohl erweisen sie sich den Menschen auch freundlich (der Zwerg-
könig vonl Schneeberge) und dienstbar (der Straßenbau zu Senftenberg im V. O. M. B.).
Von dem oft ruchlosen Treiben der kleinen Wichte erzählt z. B. die Sage von der auf der
Mamau-Alm im Schneeberggebiete versunkenen Zwergenstadt.
Die Elementargeister sind nach dem einheimischen Volksglauben gesallene Engel,
welche Gott auf ihr Bitteu in die vier Elemente gebannt hat.
Im Gebirge spielen die erste Rolle die Bergmännchen („Bergmandl"), kleine,
elfenartige Wesen mit frischen Knabengesichtern, grüner Kleidung und eben solchen Kappen
oder spitzen, auch „gupfigeu" Hütchen (daher ihre Eigennamen: „Grünhütl", „Spitzhütl",
„Gupfhütl".) Die Lieblingskost der kleinen Kerle sind Rosinen. (Am Wechsel.) Muthwillig
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317