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wurden Maulbeerpflanzungen angelegt, Spinnerei, Weberei und Bandmacherei frei
gegeben. Im sogenannten „Bandlkramerlandl", in und um Groß-Sieghards (V. O.M. B.),
wurde damals die „Zwirnbandmacherei", deren Fabrikate die „Bandlkramer" nach Wien
nnd anderen Städten brachten und die im Hauswesen viel gebraucht und hoch geschätzt
waren, eingeführt. Auch die Uhrenindustrie im nahen Karlstein, die als Hausindustrie nach
Art der Schwarzwälder betrieben wnrde, entstand nm diese Zeit (1770). In Lichtenwörth
wurde die große Messing- und Nadelfabrik (die „Nadelburg") u. s. w. eingerichtet. Handel
und Verkehr wurden möglichst erleichtert und 1762 die Pläne einer Donanreguliruug uud
Schutzbauten für das Marchfeld berathen; damals wurde auch der „große Sporn" bei
Nußdorf zur Erleichterung der Schiffahrt angelegt. Die Landwirtschaft machte erhebliche
Fortschritte; neue Culturen wurden eingeführt, die Bienenzucht gefördert. Um die
Neustädter Haide einigermaßen zu cultiviren, legte Maria Theresia zwischen Solenan und
Wiener-Neustadt das ihr zu Ehren benannte Dorf Theresienfeld an. um welches bald
fruchtbares Land sich ausbreitete. Wohin wir blicken, überall zeigt sich reges Streben
und Leben.
Ihr Sohn Josef II. verfolgte die Bahn des Fortschritts und der Reformen weiter,
nur mit größerer Energie und weniger Rücksichtnahme auf Personen und historische
Rechte. Namentlich zeigte sich dies bei den kirchlichen Reformen und bei der Kloster-
aufhebung. Nach dem Gesetze vom 12. Jänner 1782 wurden außer Wien siebenunddreißig
Mönchs- und vier Nonnenklöster nebst der Propstei Ardagger aufgehoben. Altäre und
kirchliche Geräthe wurden an ärmere Pfarrkirchen abgegeben, die Klostergebäude für andere
Zwecke bestimmt oder an Private verkauft, der Erlös wie die Barschaft, Werthpapiere
und Güter aber dem mit kaiserlicher Entschließung vom 28. Februar 1782 gegründeten
Religionsfonde zugeführt. Ein großes Verdienst hat sich Kaiser Josef II. um die Gründung
neuer Pfarren (Localien) und eine zweckmäßigere Pfarreintheiluug erworben. 1783 trennte
er nach vorausgegangenen, theilweise fruchtlosen Verhandlungen Niederösterreich von der
Diöcefe Passau, wies die Viertel unter dem Wienerwalde — hier auch den salzburgischen
Antheil — und unter dem Manhartsberge dem Erzbisthnme Wien zu und verlegte das
Neustädter Bisthum nach St. Pölten, dessen Diöcesangerechtigkeit die beiden anderen
Viertel Niederösterreichs zugetheilt wurden.
Was die materielle Cultur betrifft, so bewegte sich auch hier Josef II. in den
Bahnen seiner Mntter. Das Steuerwesen wurde auf Grundlage neuer Bodenvermessung
nnd Erhebung des Bodenerträgnisses regulirt (der josefinische Kataster), die Coinmuual-
verfassnng abgeändert. Ganz besonders bekümmerte sich der Kaiser um deu Bauernstand.
Zur Hebung einiger landwirtschaftlicher Zweige wurde die praktische Landwirthschafts-
schule zu Vilsendorf gegründet.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317