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von den Hausleuten weniger leicht gesehen werden) den Apfel. Dabei soll der künftige
Ehegeuosse zufällig des Weges kommen und uuangesprochen vorübergehe». (B. O. W. W.)
Allbekannt sind andere Bräuche, wie das Schuhwerfen, Holztragen, Scheiterlegen,
Späneziehen, Bleigießen, Äpfeltheilen (Kernzählen) nnd dergleichen. In der Stellung,
Zahl (paarig oder unpaarig) und Beschaffenheit der zum Losen verwendeten Gegenstände
liegt das vorbedeutende Moment. In Hollenstein (Ibbsthal) zählen die Mädchen an der
Zaunsteckenreihe immer nur bis acht, denn wenu sie auch noch zählen „neun", sagt der
Teufel: „der zehnte gehört mein." Beim Losen oder Horchen stellen sich die Mädchen gerne
unter einen Weichselbaum. Indem sie diesen schütteln, sprechen sie:
Manche Mädchen losen auch am Schweinstalle; rührt sich die „Alte", werden sie
einen älteren Manu bekommen, grunzt ein jnnges Schwein, einen hübschen, jungen.
Horchen sie au einer Hühnersteige, so ist der Hahn, wenn er sich meldet, das Heiratsorakel.
In der Christnacht stellt man sich auf einen Krenzweg und horcht. Hört man lachen, singen,
musicireu, so bedeutet dies eiu freudiges Ereigniß im nächsten Jahre, für Mädchen auch
heiraten. Gebet oder weinerliche Stimme verkündet Unglück. Zieht man mit geweihter
Kreide einen Kreis um sich, so kaun einem der Böse nichts anhaben und man schaut aller-
haud Zukünftiges, schließt aus der Gestalt der Wolken auf sein bevorstehendes Schicksal,
sieht nud hört Alles, was in den Häusern vorgeht. Doch darf mau dabei kein Wort redeu
und überhaupt kein Geränfch machen. (Sämmtlich ziemlich allgemein.)
In den Unternächten gilt manches Ereigniß als vorbedeuteud. Am Wechsel darf in
diesen Tagen nicht gesponnen werden, sonst liefert man der Hanpthexe Hertha das Garn,
womit sie die Leute fäugt uud fortschleppt. Überhaupt ist das die Zeit, in welcher die
Geister „umgehen" und nugescheut ihr Wesen treiben, eine Anschauung, welche, wie manche
andere hier vorgeführte, in die vorchristliche Zeit zurückreicht.
Weihnachten. Dieses hohe kirchliche Fest mit all seinem Zauber, seinen sinnvollen
Gebräuchen, wird in allen Kreisen der Bevölkerung so recht auch als ein Familienfest
wie kein anderes aufgefaßt und gefeiert. Am Christabend wird in vielen Familien,
besonders im Ötschergebiete, eine Krippe aufgestellt. Deu Kindern wird eingeschärft, fein
stille zu sein, daß sie den schlafenden Christ nicht aufwecken, der sie dafür bald mit den
Gaben des Weihnachtsbaumes reichlich belohnen wird. Dieser breitet von Jahr zu Jahr
seine lichtschimmernden Zweige weiter aus; heute prangt er schon in den meisten Bürger-
häusern, ja sogar in manche Bauernstube strahlt seiu Glanz bereits hinein. Die Zeit
vom Abendmahle bis zur Mette, wofern diese nicht wie an vielen Orten in der Wiener
Erzdiöeese erst am Morgen gefeiert wird, bringt man abwechselnd mit Gebet, religiösen
„Weichselbaum, i schüttl' di,
Thomas, i bitt' di: Laß ma a Hunderl bell n,
Soll sie mein Manderl meld n.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317