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treuherzig bitt'», wann's (Ös, Ihr) ihnen mit etlich Vaternnser nnd Ave Maria beisteh'n
niöchtets. Wann das Alles vollend't wär', so ließeten s' wieder bitt'n, wenn der Nachbar
so gut wär' und gäb' ihnen 's G'leit zn Wegen, Straßen und Gassen hin und her in's
Hochzeithaus. Dort woll'u s'austell'n eiue kleine Mahlzeit, Krant, Fleisch, Wein nnd Brod,
Alles, was Gott der Allmächtige erschaffen hat. Zugleich hab'u 's d' Spielleut b'stellt
— sie sind nit die bessern, nit die schlechter!! — die werd'n dem Herrn Nachbarn nach
seinem Belieb'n eins, zwei oder drei Tanzl aus-
mnsicirn.
„Wenn uns das Alles der Nachbar gewährt,
So bleibt er geliebt und geehrt.
Ich kann als guter Bot' mich g'freu n.
Das; ihm dieser Gang mag z'G'fall'n sein."
Im Gölsenthal (B. O. W. W.) schließt der
Hochzeitslader mit den Worten: „Sagts nur g'schwiud
ja, — Weg'n dem san ma da."
Dort, wo die Hochzeit im Wirthshause abgehalten
wird, müssen gewöhnlich die Gäste den Betrag für das
Mahl, wie er beim „Andingen" festgestellt wurde, aus
Eigenem entrichten, nur für die allernächsten Ver-
wandten oder den einen und anderen hervorragenden
Ehrengast zahlt der Bräutigam. Darum sagen in diesem
Falle nicht leicht ganze Familien das „Beiwohnen"
zu, sondern es geht meist nur „Eius"auf die Hochzeit,
wenn nicht die nahe Verwandtschaft es anders fordert.
Geladen werden vor Allen die Nachbarn, die Tauf- und
Firmpatheu und die nächsten „Freunde" (Blutsver-
wandte); bei „größeren" Hochzeiten werden die
Grenzen weiter gesteckt nnd kann man zuweilen auf der Bauernhochzeit sogar einen
„herrischen" Gast erblicken. Eine ganz merkwürdige Sitte findet sich im Wechselgebiete;
da wird feierlich auch die Brau t zur Hochzeit geladen, nnd zwar in einer gar
seltsamen Form. Bräutigam und Brautführer begeben sich nämlich nm zwei, längstens
drei Uhr früh in vollem Staate in das Haus der Braut, welche sich ja nicht im Schlafe
überraschen, aber auch nicht augenblicklich finden lassen darf. Im ersten Falle würde sie
keine sorgsame Hanswirthin zu werden versprechen, im zweiten „mannssüchtig" erscheinen.
Sie versteckt sich also und je länger die „Lader" sie sucheu müssen, desto ehrenvoller
ist es für dieselbe.
Wien und Niedervsterreich. 15
Ter Hochzeitbitter.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317