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In anderen Gebieten Niederösterreichs ist es Sitte, daß der Bräutigam mit seinen
Gästen die Braut in deren Elternhause zum Kirchgange abholt. Doch da gibt es erst allerlei
Hindernisse und Schwierigkeiten zu besiegen. Am Wechsel z. B. findet der Bräutigam bei
seiner Aukunst das Haus der Brau t versperrt. Er muß sie sich vom „Spruch-
mann" erkansen, indem er Geld, darunter auch unbrauchbare alte Münzen, über das
verschlossene Thor wirft; dabei wird oft lange in komischer Weise unterhandelt. Im B. O.
M. B. muß an einigen Orten der Brautführer den Eingang in das versperrte Haus
suchen. Ist ihm das gelungen und hat er die „versteckte" Braut gefunden, so empfängt er
von ihr eine mit einem rothen Bande verzierte Flasche Wein und ein Trinkglas, womit er
unter der Hausthüre erscheint, um dem Bräutigam und seinen Gästen das Zeichen zu geben,
daß er die Gesuchte gefunden habe. (Hirschbach.) Auch der Slave im Marchfelde mnß die
„versteckte" Braut suchen und früher tanzte er auch wohl mit der gefundenen durchs Dorf.
Am Steinfelde (V. U. W. W.) weist der Bräutigam behufs Einlasses einen komischen
Heimatschein vor. Ist er nun ins Haus eingetreten, so begrüßt ihn noch nicht sofort die
Braut, fouderu jetzt spielt erst die „falsche Braut" ihre Rolle. Es tritt zuerst eine ältere,
öfter auch maskirte Frauensperson vor, welche höchlich darüber entrüstet ist, daß sie nicht
die „rechte" Braut wäre. Sie wirft dem Bräutigam unter Henlen und Verwünschnngen
das „Drangeld" zurück, das heißt sie streut ihm in Papier eingewickelte Glasscherben oder
altes Eisen vor die Füße nnd verlangt Entschädigung, die in einigen kleinen Münzen
besteht; dann stellt sich die eine und andere Kranzljungfrau vor, endlich die richtige Braut.
Die „falsche Braut" kennt man auch vielerorts in den beiden nördlichen Vierteln, hingegen
sast gar nicht im V. O. W. W. Um Christophen am Wienerwalde spendet nach der
Begrüßung die Braut dem Bräutigam und dem Brautführer je ein rothes Sacktüchlein.
Ist das gemeinsame Frühstück (Kaffee und Wein) vorüber und Alles vorbereitet, so folgt
zum Schlüsse noch eine erhebende Scene. Die Braut verabschiedet sich von Vater und
Mutter, dankt ihnen für alle von Kindheit an ihr erwiesenen Wohlthaten, bittet für
begangene Fehler um Verzeihung und empfängt kniend den Elternsegen. Nun ordnet
der Brautführer den Hochzeitszug. Am Wechsel spricht er dabei die Worte:
„Wir sind jetzt alle beisammen, Geh'n wir aber in Ordnung und Reih',
Trum geh'n wir zur Kirche in Gottes Namen. Daß der Herr Jesus unser Begleiter sei."
Beim Kirchgange schießen die Dorfburschen, und je beliebter das Brautpaar ist, desto
mehr Pulver wird verknallt. Anch Hochzeitsgäste selbst schießen während des Zuges (der
Brautführer trug ja früher häufig eine Flinte) und jauchzen und jodeln bis zur Kirche hin.
Die Musikanten aber werden nicht müde, ein Stück nach dem andern aufzuspielen. Doch
nicht so ganz unbehelligt gelaugt man ans Ziel. Der Hochzeitszug wird plötzlich aufgehalten
dnrch eine über die Straße gespannte Schnur oder Kette. Man nennt dies das
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317