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Die Einzelhöfe sind demnach eben anch nur von mäßiger Ausdehnung und nur im
Marchfelde und in den angrenzenden Gegenden finden sich Höfe, welche an die großen
Wirthschaften erinnern, aus denen der sehr stark entwickelte Großgrundbesitz des
benachbarten Ungarn zumeist besteht. Gewiß ist ein so spärlicher Großgrundbesitz mit
Ursache, daß die mit der Landwirthschaft verbundenen technischen Gewerbe, welche in
Böhmen, Mähren und Ungarn eine so bedeutende Rolle spielen, in Niederösterreich nur
selten vorkommen, denn die drei Zuckerfabriken nnd die wenigen größeren Brennereien,
znmeist Preßhefefabriken, verschwinden im Vergleiche mit jenen der benachbarten Länder.
Man kann nicht leugnen, daß sowohl der kleine als der Großgrundbesitz in Nieder-
österreich an einer gewissen Zersplitterung leiden, denn auf einen Wirthschaftscomplex des
Kleinbesitzes kommen im Durchschnitt des Landes nnr 6 Hektar, die eigentlichen Bauern-
wirthschaften umfassen im Gebirgslande gewöhnlich zwischen 30 bis 80, mitunter aber
auch namhaft mehr, in den übrigen Landestheilen 20 bis 60 Hektar. Zieht man noch die
große Parcelleuzahl und den Umstand in Betracht, daß nur in 1.300 Gemeinden das
Hofsystem mit besserer Arrondirnng, in 1.870 Gemeinden dagegen das alte Dorssystem
herrscht, so ist es klar, daß in diesen letzteren die Zersplitterung in noch viel höherem
Grade auftreten muß, als die Durchschnittszahlen andeuten. Hoffentlich wird nnter dem
Schutze der Agrargesetzgebung und mit der Initiative der Landwirthe diese unwirth
schaftliche Gestalt der Landgüter allmälig beseitigt werden.
Im Allgemeinen besitzt Niederösterreich, abgesehen von einigen Strecken, wie der
Marchfeldflugsand, das Steinfeld und dergleichen, ziemlich günstige Bodenverhältnisse.
Durch den Ertrag des Roggens, welcher nebst Hafer die Hauptfrucht ist, läßt sich die gegen-
wärtige Fruchtbarkeit des Landes andeuten: 11 Metereentner Körner für ein Hektar, wohl
mehr als in dein benachbarten Ungarn, immer aber ein mäßiger Ertrag. Mäßig ist aber
auch die Stufe der landwirtschaftlichen Cultur. Viele Ländereien bedürfen der Entwässerung,
andere der Bewässerung und namentlich das Marchfeld am Ufer der Donau vor den
Thoren der Hauptstadt schmachtet nach dem befruchtenden Naß. Künstliche Dünger sind
wenig in Gebrauch, die Fäcalieu der Hauptstadt fließen in die Donau, ja selbst der
Behandlung des Stallmistes und der Jauche auf deu Kleingütern kann vielfach ein
Vorwurf nicht erspart bleiben. Zahlreiche Hutweideu mit besserem Boden würden als
Äcker mehr prodnciren. Und der Acker selbst! Im Wiener Becken und Manhartgebiete
liegen noch gegenwärtig alljährlich 19 Procent des Ackers in müßiger Brache, im Hügel-
lande 15, in den Alpen 12, im Berggebiet des Wienerwaldes 8 Procent. Dreifelder-
wirthschaft init theilweise bebauter Brache ist denn das weitaus herrschende Ackerbausystem,
daneben zwei-, vierseldrige und freie Körnerwirthschaft, zerstreut namentlich auf Groß-
gütern die Fruchtwechselwirthschaft, endlich im Gebiete der Alpen und des Mauhart die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317