Page - 120 - in Kreuzenstein - Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
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Der Halbrunde Turm, den der Besucher als ersten » Innen
raum « der Burg erreicht, ist allein durch seine Ausmaße der wohl
eindrucksvollste Teil der Fortifikationsanlagen. Im Inneren be
sitzt er ein dreißig Meter hohes, mehrgeschoßiges System aus
hölzernen Laufgängen. In den Bau des Turmes wurde jenes mas
sive Mauerstück mit rundbogigem Tordurchgang und darüberlie
gender Fensteröffnung integriert, das auf mehreren Ansichten
der Ruine zu erkennen ist. 〚34 〛 Mit Absicht wurde hier der rui
nöse Charakter des Torbogens sichtbar belassen.
Der Burghof wird durch einen Quertrakt mit einer weitge
spannten, gedrückten Spitzbogenöffnung in einen äußeren und
inneren Bereich geteilt. Im äußeren Teil bilden die an die Wehr
mauern gelehnten, gegenüber den hoch aufragenden übrigen
Bauten regelrecht geduckten Trakte von Gesindestube im Süden,
Rossknechtkammer und Stallungen im Osten das Zentrum für die
niedrigen Funktionen der Burg und ihr gleichermaßen unter
geordnetes Personal. Demgegenüber bleibt der innere Bereich
des Hofes, gleichsam die Bühnenarchitektur jenseits des weit
gespannten Proszeniums des Spitzbogens, ausschließlich re
präsentativen Zwecken vorbehalten : Gadem, Bibliothekstrakt,
Bergfried, Kapelle, Nordwestturm und Palas. Der im Zuge des
Wiederaufbaus freigelegte Brunnen wird von einem mittelalter
lichen Pozzo aus Stra bei Venedig gefasst.375 Die um den Hof ange
ordneten Trakte sind ähnlich vielstimmig wie die Außenansicht
〚 63 〛 Ostseite, um 1906
120 Eine moderne Burg
Kreuzenstein
Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Kreuzenstein
- Subtitle
- Die mittelalterliche Burg als Konstruktion der Moderne
- Author
- Andreas Nierhaus
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79557-5
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 258