Page - 51 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche
Verena Marie Eberhardt
Hamburg-St. Pauli ist einer der bekanntesten Stadtteile in Deutschland.
Jahr für Jahr strömen Millionen von Besucherinnen und Besucher auf die
Reeperbahn und die umliegenden Straßen, um sich zu vergnügen. Die
knapp 30-minütige TV-Dokumentation Die Reeperbahn in der Corona-
Krise (Alexander Cierpka/Tom Häussler, D 2020) des Norddeutschen
Rundfunks (NDR) zeigt, wie sich das Stadtviertel, das sonst eher für seine
legere Lebensart bekannt ist, während der Corona-Pandemie verändert
hat. Die Reportage wurde am Freitag, 17. April 2020 im NDR ausgestrahlt
und am nächsten Tag wiederholt, war in der ARD-Mediathek zu sehen
und ist nun auf dem YouTube-Kanal NDR Doku verfügbar. Dort wurde das
Video bereits über eine Million Mal aufgerufen und knapp 2000-mal kom-
mentiert.
Die Dokumentation porträtiert verschiedene Personen Anfang April
2020 mitten in der Shutdownphase: einen Polizisten, zwei Gaststättenbe-
treiber, Sexarbeiterinnen, Wohnungslose, einen Theaterbetreiber sowie
einen Kantor und einen Pfarrer der römisch-katholischen Gemeinde. Der
Fernsehbeitrag fokussiert auf unterschiedliche Strategien, mit den Heraus-
forderungen der Corona-Pandemie umzugehen. Die Geschichte, die der
Film erzählt, ist voller Kontraste. Das sonst so volle Stadtviertel ist
leer, «Hamburgs härteste Kneipe» wird zur Suppenküche, die Polizei spen-
det Trost und Zuspruch. Zusammenhalt, Solidarität und Zuversicht wer-
den als verbindendes Gut des Stadtviertels präsentiert (Abb. 8).
Es ist erstaunlich, dass gerade in einer Dokumentation über das Vergnü-
gungsviertel par excellence Vertreter religiöser Institutionen eine zentrale
Rolle spielen. Meine Lektüre der Dokumentation fokussiert darauf, wie
auf bestimmte Rollen, Erwartungen und normative Vorstellungen gegen-
über den Kirchen verwiesen wird.
Die Krise im Spiegel des Leidenswegs Jesu
Eingeleitet mit dem Erklingen eines Glockenspiels in der Melodie des
Beatles-Songs Yesterday und einer Nahaufnahme des Straßenschilds Große
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Title
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Paradoxien einer Krise
- Author
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Editor
- Anna-Katharina Höpflinger
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 134
- Categories
- Coronavirus
- Medien
Table of contents
- Einführung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133