Page - 41 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
Image of the Page - 41 -
Text of the Page - 41 -
Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities
Guido Murillo VĂ©lez
Als am 14. Februar 2020 laut der BBC die erste an Covid-19 erkrankte Per-
son aus Madrid nach Ecuador kam, ĂĽbertrug der Bayerische Rundfunk live
die Fastnacht in Franken. Das Virus schien an jenem Valentinstag in den
Augen vieler Menschen weit weg zu sein. Einen Monat später sah die Si-
tuation anders aus: Weltweit wurden Ausgangsbeschränkungen erlassen.
Infektions- und Todeszahlen schnellten in die Höhe. Bilder von nächtli-
chen Leichentransporten aus Bergamo oder von auf Gehwegen zurĂĽckge-
lassenen Verstorbenen aus Guayaquil (Ecuador) machten den Ernst der
Lage deutlich sichtbar. Ich intensivierte den Kontakt zu meiner Familie in
Ecuador und beschä#igte mich verstärkt mit Nachrichtensendungen, Zei-
tungsartikeln und Beiträgen in den sozialen Medien aus meiner Heimat.
Kurz nach Ostern 2020 tauchte in den sozialen Netzwerken in Ecuador
der Cartoon auf, der im Zentrum dieses Beitrags steht (Abb. 4).
An einem Globus sitzend, stehend oder schwebend, mit dem All als Hin-
tergrund und mit lächelnden Gesichtern unterhalten sich Gott und Satan.
Die Botscha# scheint einfach: Gott und die Kirche siegen; der Erzfeind
muss sich geschlagen geben. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Bei nähe-
rer Betrachtung gewinnt aber diese Nebeneinanderstellung gegensätzlicher
Figuren an Kontur. Eine verdichtende und mehrschichtige Aussagekra#
des Bildes wird deutlich.
Von einer Unterhaltung unter Freunden zum Cartoon ĂĽber Erzfeinde
Die Zeichnung stammt aus der Feder von Otto Meza, einem Karikaturis-
ten aus El Salvador, der fĂĽr die digitale Zeitung El Faro arbeitet. In einem
Interview bei El Metropolitano Digital vom 14. Oktober 2018 hat sich Meza
als einen schlechten Atheisten und einen schlechten Christen bezeichnet.
Zum hier reproduzierten Cartoon hat er in einer persönlichen Mittei-
lung vom 10. Juli 2020 via Facebook erklärt, dass die Zeichnung auf einer
Unterhaltung zwischen zwei Freunden basiere. Er habe dieses Gespräch
dann zeichnerisch umgedeutet. Die Zeichnung grĂĽndet also auf einem all-
täglichen Gespräch zwischen zwei Kollegen im Kontext der Pandemie in
41
https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Title
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Paradoxien einer Krise
- Author
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Editor
- Anna-Katharina Höpflinger
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 134
- Categories
- Coronavirus
- Medien
Table of contents
- EinfĂĽhrung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ĂĽhrungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133