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Der erste Hauptsatz der Wa¨rmetheorie 42
§ 69. Einen derartigen Versuch hat Joule ausgefu¨hrt1 und dabei
gefunden, daß fu¨r ideale Gase T2 = T1. Er stellte na¨mlich die beiden
Gefa¨ße, von denen das eine anfangs etwa mit Luft unter hohem Druck
gefu¨llt, das andere evakuiert war, in ein gemeinsames Wasserbad von der
na¨mlichen Temperatur und fand nach Vollendung des oben beschriebenen
Ausflusses und Herstellung des Gleichgewichts die im Wasserbad eingetretene
Temperatura¨nderung unmeßbar klein. Daraus folgt sogleich, daß auch
bei thermisch isolierenden Gefa¨ßwa¨nden die Endtemperatur der ganzen
Gasmenge gleich der Anfangstemperatur ist; denn sonst wu¨rde sich bei dem
ausgefu¨hrten Versuch die Temperatura¨nderung dem Wasserbade mitgeteilt
haben.
Wenn also die innere Energie eines nahezu idealen Gases bei stark
vera¨ndertem Volumen konstant bleibt, so bleibt auch die Temperatur nahezu
konstant, oder mit anderen Worten: Die innere Energie eines idealen Gases
ha¨ngt nur von der Temperatur und nicht vom Volumen ab.
§ 70. Damit indessen dieser wichtige Schluß bu¨ndig erscheint, sind
noch genauere Messungen notwendig. Denn bei dem beschriebenen
Jouleschen Versuch ist die Wa¨rmekapazita¨t des Gases gegen die der
Gefa¨ßwa¨nde und des Wasserbades so klein, daß es schon einer sehr
betra¨chtlichen Temperatura¨nderung des Gases bedurft ha¨tte, um eine
merkliche Temperatura¨nderung des Wassers hervorzurufen. Zuverla¨ssigere
Resultate liefert eine wesentliche Modifikation des Verfahrens, welche von
W. Thomson (spa¨ter Lord Kelvin) ersonnen und von ihm in Gemeinschaft
mit Joule zu sorgfa¨ltigen Messungen benutzt worden ist; sie beruht
darauf, daß man das Gas durch ku¨nstliche Verlangsamung des Ausflusses
unmittelbar in den zweiten Gleichgewichtszustand u¨berfu¨hrt und dann die
Temperatur T2 direkt im Gase mißt. Es stro¨mt hierbei nicht eine begrenzte
Gasmasse tumultuarisch in ein Vakuum ein, sondern das Gas wird in
einem unbegrenzten stationa¨ren Strom verha¨ltnisma¨ßig langsam aus einem
Raum ho¨heren Druckes p1 in einen Raum niedrigeren Druckes p2 (die
Atmospha¨re) u¨bergefu¨hrt, indem es durch eine Ro¨hre von Buchsbaumholz,
welche an einer Stelle mit einem schwer durchla¨ssigen Pfropfen von Watte
oder gezupfter Seide verstopft ist, hindurchgepreßt wird. Was zuna¨chst
die Messungsresultate betrifft, so ergeben sie bei stationa¨r gewordenem
Zustand fu¨r Luft eine sehr kleine, fu¨r Wasserstoff eine noch sehr viel
kleinere, kaum meßbare Temperatura¨nderung des Gases, weshalb man zu
dem Schluß berechtigt ist, daß fu¨r ein ideales Gas die Temperatura¨nderung
ganz verschwindet.
1Schon fru¨her war derselbe Versuch von Gay Lussac angestellt worden.
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253