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Einleitung 73
Arbeitsleistung ausdehnen, und verhindert man die Abku¨hlung des Gases
durch gleichzeitige Zuleitung von Wa¨rme aus einem Wa¨rmebeha¨lter von
ho¨herer Temperatur, so beha¨lt das Gas mit seiner Temperatur zugleich auch
seine Energie unvera¨ndert bei, und man kann sagen, daß die vom Reservoir
abgegebene Wa¨rme vollsta¨ndig in Arbeit verwandelt wird, ohne daß
sonst irgendwo ein Energieumsatz stattfindet. Gegen diesen Ausspruch
la¨ßt sich nicht das mindeste Tatsa¨chliche einwenden. Nur durch eine
vera¨nderte Betrachtungsweise, die aber nicht den physikalischen Tatbestand,
sondern nur die Auffassung desselben modifiziert, also auch durch Tatsachen
weder gestu¨tzt noch widerlegt werden kann, la¨ßt sich der Satz von der
”
unvollsta¨ndigen Verwandelbarkeit der Wa¨rme in Arbeit“ aufrecht erhalten,
na¨mlich mit Hilfe der Einfu¨hrung neuer, nur ad hoc ersonnener Energiearten,
indem man die Energie des Gases in mehrere Teile zerlegt, die dann
einzeln auch vom Volumen abha¨ngen ko¨nnen. Diese Zerlegung muß aber
fu¨r verschiedene Fa¨lle in verschiedener Weise vorgenommen werden, z.B.
fu¨r isotherme Prozesse anders als fu¨r adiabatische, und erfordert auch fu¨r
physikalisch einfache Fa¨lle ziemlich verwickelte Betrachtungen. Nun ist von
vornherein einleuchtend, daß man aus einer noch so ku¨nstlichen Definition,
selbst wenn sie in sich keinen Widerspruch entha¨lt, niemals eine neue
Tatsache ableiten kann; und um eine solche handelt es sich, wenn man
vom ersten Hauptsatz der Wa¨rmetheorie zum zweiten Hauptsatz u¨bergeht.
§ 109. Um die Bedeutung des zweiten Hauptsatzes klar hervortreten
zu lassen, gibt es nur einen einzigen Weg: man fu¨hrt ihn auf Tatsachen
zuru¨ck dadurch, daß man Sa¨tze aufstellt, die sich durch Experimente
besta¨tigen oder widerlegen lassen. Ein solcher Satz ist nun der folgende: es
ist auf keinerlei Weise mo¨glich, einen Vorgang, in welchem Wa¨rme durch
Reibung entsteht, vollsta¨ndig ru¨ckga¨ngig zu machen. In ausfu¨hrlicherer
Erla¨uterung, etwa mit Exemplifikation auf die oben § 60 besprochenen, zur
Bestimmung des mechanischen Wa¨rmea¨quivalents von Joule angestellten
Reibungsversuche, soll dies besagen: wenn die herabfallenden Gewichte durch
die Reibung der Schaufelra¨der im Wasser oder Quecksilber Wa¨rme erzeugt
haben, so la¨ßt sich kein Verfahren ersinnen, das den Anfangszustand jenes
Prozesses in der ganzen Natur genau wiederherstellt, d. h. die Gewichte
wieder auf die urspru¨ngliche Ho¨he schafft, die Flu¨ssigkeit entsprechend
abku¨hlt, undsonstkeineVera¨nderungenzuru¨ckla¨ßt.Wasdabei an technischen
Hilfsmitteln, Apparaten mechanischer, thermischer, chemischer, elektrischer
Art verwendet wird, ist ganz gleichgu¨ltig. Die in dem Worte
”
vollsta¨ndig“
ausgesprochene Bedingung soll nur die sein, daß schließlich u¨berall wieder
genau der bekannte Anfangszustand des Reibungsprozesses hergestellt ist,
wozu auch notwendig geho¨rt, daß alle etwa benutzten Materialien und
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253