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Beweis 85
Nennen wir die Summe der Entropien aller Gase die Entropie des
ganzen Systems, so ko¨nnen wir sagen: Wenn das Gassystem in zwei
verschiedenen Zusta¨nden den gleichen Wert der Entropie besitzt, so la¨ßt
sich das System aus dem einen Zustand in den anderen Zustand durch einen
reversibeln Prozeß u¨berfu¨hren, ohne daß in anderen Ko¨rpern Vera¨nderungen
zuru¨ckbleiben.
§ 124. Nun fu¨hren wir den im §118 bewiesenen Satz ein, daß
die Ausdehnung eines idealen Gases ohne a¨ußere Arbeitsleistung und
Wa¨rmezufuhr, oder, was dasselbe ist, daß der U¨bergang eines idealen
Gases in einen Zustand gro¨ßeren Volumens und gleicher Temperatur, ohne
a¨ußere Wirkungen, wie in §68 beschrieben, irreversibel ist. Einem solchen
U¨bergang entspricht nach der Definition (52) eine Vergro¨ßerung der Entropie
des Gases. Daraus folgt sogleich, daß es u¨berhaupt unmo¨glich ist,
die Entropie eines idealen Gases zu verkleinern, ohne daß
in anderen Ko¨rpern A¨nderungen zuru¨ckbleiben. Denn ga¨be es
hierfu¨r irgendein Verfahren, so ko¨nnte man die irreversible Ausdehnung
eines idealen Gases dadurch vollsta¨ndig ru¨ckga¨ngig machen, daß man,
nachdem das Gas sich ohne a¨ußere Wirkungen ausgedehnt und seinen neuen
Gleichgewichtszustandangenommenhat, zuna¨chstmittelsdesangenommenen
Verfahrens die Entropie des Gases auf ihren urspru¨nglichen Wert verkleinert,
ohne daß in anderen Ko¨rpern eine Vera¨nderung zuru¨ckbleibt, und dann
durch einen umkehrbaren adiabatischen Prozeß, bei welchem die Entropie
des Gases konstant bleibt, die urspru¨ngliche Temperatur und damit auch das
urspru¨ngliche Volumen wiederherstellt. Dann wa¨re also die erste Ausdehnung
vollsta¨ndig ru¨ckga¨ngig gemacht1 und somit nach §118 das perpetuum mobile
zweiter Art fertig.
§ 125. Ebenso verhalten sich infolgedessen auch zwei und beliebig
viele ideale Gase. Es gibt in der ganzen Natur kein Mittel, um die Entropie
eines Systems idealer Gase zu verkleinern, ohne daß in anderen Ko¨rpern
A¨nderungen zuru¨ckbleiben. Denn jede Vorrichtung, welche dies leisten wu¨rde
— sie sei mechanischer, thermischer, chemischer, elektrischer Art —, ko¨nnte
wiederum dazu benutzt werden, um die Entropie eines einzelnen Gases zu
verkleinern, ohne daß in anderen Ko¨rpern A¨nderungen zuru¨ckbleiben.
Gesetzt na¨mlich, die Entropie des Systems, oder die Summe der
Entropien aller Gase, sei aus dem Zustand, in welchem die Werte der
Entropien S1, S2, .. . Sn sind, auf irgendeine Weise in einen anderen Zustand
1daß auch keine mechanische Arbeit zuru¨ckbleiben kann, folgt aus dem ersten
Hauptsatz der Thermodynamik, da mit dem urspru¨nglichen Zustand des Gases zugleich
auch dessen urspru¨ngliche Energie wiederhergestellt ist.
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253