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Beweis 87
ausdru¨cklich gar keine beschra¨nkende Voraussetzung gemacht ist, so gilt
er nicht etwa bloß fu¨r langsam und einfach verlaufende, sondern fu¨r
beliebig komplizierte physikalische und chemische Prozesse, wenn nur am
Schluß derselben in keinem Ko¨rper außerhalb des Systems Vera¨nderungen
zuru¨ckgeblieben sind. Auch darf man nicht glauben, daß die Entropie eines
Gases nur fu¨r Gleichgewichtszusta¨nde Bedeutung hat. Sofern man nur in
einer beliebig bewegten Gasmasse jedes hinreichend kleine Massenteilchen
als homogen und von bestimmter Temperatur annehmen kann, muß man
ihm auch nach (52) einen bestimmten Wert der Entropie zuschreiben, wobei
dann M die Masse, v die reziproke Dichte und T die Temperatur des
Teilchens sind. Die Summierung u¨ber alle Massenteilchen, wobei v undT von
Teilchen zu Teilchen variieren ko¨nnen, ergibt dann die Entropie der ganzen
Gasmasse in dem betreffenden Zustand, und der Satz bleibt bestehen, daß
die Entropie des gesamten Gases bei irgend einer Zustandsa¨nderung in jedem
Augenblick zunehmen muß, falls in anderen Ko¨rpern keine Vera¨nderungen
eintreten. Die Geschwindigkeit der Gasteilchen hat, wie man sieht, gar
keinen Einfluß auf den Wert der Entropie, ebensowenig wie die Ho¨he der
als schwer gedachten Teilchen u¨ber einer bestimmten Horizontalebene.1
§ 128. Die bisher fu¨r ideale Gase abgeleiteten Gesetze lassen sich ganz
in derselben Weise auch auf beliebige Substanzen u¨bertragen, wobei der
Hauptunterschied nur darin besteht, daß man den Ausdruck der Entropie
fu¨r einen beliebigen Ko¨rper im allgemeinen nicht in endlichen Gro¨ßen
hinschreiben kann, weil die Zustandsgleichung nicht allgemein bekannt ist.
Doch la¨ßt sich stets beweisen — und dies allein ist der entscheidende
Punkt —, daß auch fu¨r beliebige andere Ko¨rper eine Funktion mit den
charakteristischen Eigenschaften der Entropie wirklich existiert.
Wir denken uns mit einem beliebigen homogenen Ko¨rper, von der
Art, wie wir ihn §67ff. betrachtet haben, einen gewissen, reversibeln oder
irreversibeln, Kreisprozeß ausgefu¨hrt, der also den Ko¨rper genau in seinen
Anfangszustand zuru¨ckbringt. Die a¨ußeren Wirkungen auf den Ko¨rper
sollen in Arbeitsleistung und in Wa¨rmezufuhr oder -abfuhr bestehen, welch
letztere durch eine beliebige Anzahl geeigneter Wa¨rmebeha¨lter vermittelt
wird. Nach Beendigung des Prozesses sind in dem Ko¨rper gar keine
A¨nderungen zuru¨ckgeblieben, nur die Wa¨rmebeha¨lter haben ihren Zustand
1Wenn die Bewegung des Gases so tumultuarisch ist, daß man Temperatur und
Dichte nicht definieren kann, so verliert natu¨rlich auch die hier gegebene Definition
der Entropie ihren Sinn. Fu¨r diesen Fall la¨ßt sich vom Standpunkt der kinetischen
Gastheorie aus, wie L. Boltzmann gezeigt hat, eine andere Definition der Entropie
angeben, welche noch allgemeinere Bedeutung besitzt und fu¨r stationa¨re oder nahezu
stationa¨re Zusta¨nde in die gewo¨hnliche u¨bergeht.
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253