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Allgemeine Folgerungen 107
Denn das Gleichheitszeichen wu¨rde nur idealen A¨nderungen entsprechen, und
ideale A¨nderungen treten in der Natur nicht ein. Folglich muß Gleichgewicht
bestehen, wenn fu¨r jede mit den gegebenen festen Bedingungen des Systems
vertra¨gliche Zustandsa¨nderung:
δS− δU−A
T 50.
Hier bezieht sich das Zeichen δ, im Gegensatz zum Zeichen d, das
der wirklichen Vera¨nderung entspricht, auf irgend eine beliebige virtuelle
unendlich kleine Zustandsa¨nderung des Systems.
§ 149. In den meisten von uns weiter zu behandelnden Fa¨llen
ist, wenn eine gewisse virtuelle unendlich kleine Zustandsa¨nderung mit
den festen Bedingungen des Systems vertra¨glich ist, auch die gerade
entgegengesetzte, durch die entgegengesetzten Vorzeichen aller Variationen
dargestellte Zustandsa¨nderung mit ihnen vertra¨glich. Das gilt immer dann,
wenn die festen Bedingungen durch Gleichungen, nicht durch Ungleichungen
ausgedru¨ckt werden. In einem solchen Falle ko¨nnte man, falls fu¨r eine
virtuelle A¨nderung in obiger Bedingung das Zeichen < gelten wu¨rde,
einfach die entgegengesetzte Variation nehmen, um eine Zustandsa¨nderung
zu erhalten, welche den Bedingungen der wirklichen Vorga¨nge genu¨gt und
daher in der Natur eintreten kann. Hier ist also das Gleichgewicht nur
dann nach allen Richtungen hin gesichert, wenn fu¨r jede mit den festen
Bedingungen vertra¨gliche A¨nderung:
(76) δS− δU−A
T = 0.
Diese Gleichung spricht eine fu¨r das Gleichgewicht hinreichende, aber, wie
wir eben sahen, nicht gerade in allen Fa¨llen notwendige Bedingung aus. Ja
selbst wenn die festen Bedingungen eine Umkehrung der Vorzeichen aller
Variationen gestatten, besteht erfahrungsgema¨ß manchmal Gleichgewicht,
ohne daß die letzte Gleichung erfu¨llt ist, d. h. es tritt unter Umsta¨nden
in der Natur eine Vera¨nderung nicht ein, obwohl sie sowohl den festen
Bedingungen als auch den Forderungen des zweiten Hauptsatzes Genu¨ge
leisten wu¨rde. Man wird dadurch zu dem Schlusse gefu¨hrt, daß sich in
einem solchen Falle dem Eintritt der Vera¨nderung eine Art Widerstand
entgegenstellt, der wegen der Richtung, in welcher er wirkt, in manchen
Fa¨llen auch Tra¨gheitswiderstand oder passiver Widerstand genannt wird.
Solch ein Gleichgewichtszustand ist immer in gewissem Sinne labil; denn
oft genu¨gt eine geringfu¨gige und mit den im System vorhandenen Gro¨ßen
quantitativ gar nicht vergleichbare Sto¨rung, um die Vera¨nderung, dann oft
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253