Page - 151 - in Vorlesungen über Thermodynamik
Image of the Page - 151 -
Text of the Page - 151 -
System in verschiedenen Aggregatzusta¨nden 151
Die Kurve des Sublimationsdrucks p13 verla¨uft also im Fundamentalpunkt
steiler als die Kurve des Verdampfungsdrucks p12, oder: fu¨r Temperaturen
oberhalb der Fundamentaltemperatur ist p13 > p12, fu¨r Temperaturen
unterhalb derselben ist p13<p12. Die Differenz betra¨gt:
dp13
dT − dp12
dT = d(p13−p12)
dT = 0,045.
Mißt man also die Spannung des gesa¨ttigten Wasserdampfes oberhalb
des Fundamentalpunktes u¨ber Wasser, unterhalb desselben u¨ber Eis, so
erleidet die Spannungskurve im Fundamentalpunkt einen Knick, dessen
Gro¨ße durch den Sprung des Differentialquotienten, d.h. durch die obige
Differenz angegeben wird. Bei −1◦ (dT=−1) ist demnach angena¨hert:
p13−p12 =−0,04,
d.h. bei −1◦ C. ist der Druck des gesa¨ttigten Wasserdampfes u¨ber Eis
um 0,04mm kleiner als der u¨ber Wasser, was auch experimentell besta¨tigt
worden ist.1 Dagegen la¨ßt sich die Existenz eines scharfen Knicks in dem
angegebenen Betrage nur aus der Theorie erschließen.
§ 189. Wir haben unsere bisherigen Untersuchungen nur auf die
BetrachtungdereinzelnenverschiedenartigenLo¨sungenderjenigenGleichungen
erstreckt, welche die inneren Gleichgewichtsbedingungen des Systems
aussprechen, und daraus die wichtigsten Eigenschaften des betreffenden
Gleichgewichtszustandes abgeleitet. Nunmehr kommen wir zu der weiteren
Frage, welche unter den verschiedenen mo¨glichen Lo¨sungen der Aufgabe
in jedem gegebenen Falle den Vorzug besitzt, d. h. den stabilsten
Gleichgewichtszustand darstellt. Zur Beantwortung dieser Frage nehmen
wir die urspru¨nglich in §165 gegebene Fassung des Problems wieder auf,
welche kurz folgendermaßen lautet. Gegeben ist die Gesamtmasse M, das
Gesamtvolumen V , die Gesamtenergie U des Systems. Statt V und U wird
es o¨fter bequemer sein, die Werte V
M = v (mittleres spezifisches Volumen
des Systems) und U
M = u (mittlere spezifische Energie des Systems) zu
benutzen. Gesucht ist der stabilste Gleichgewichtszustand, d.h. der Zustand
des absoluten Maximums der Gesamtentropie S.
Wir fanden oben, daß im allgemeinen die Gleichgewichtsbedingungen
drei verschiedene Arten von Lo¨sungen zulassen, je nachdem das System
sich in 1, 2 oder 3 Aggregatzusta¨nde spaltet. Bei der Frage, welche von
1Wa¨rmetabellen von L. Holborn, K. Scheel und F. Henning. Braunschweig
(Vieweg u. Sohn) 1919, p. 61.
back to the
book Vorlesungen über Thermodynamik"
Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253