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System von beliebig vielen unabha¨ngigen Bestandteilen 187
Hieraus ergibt sich zuna¨chst, daß die Konzentrationen c′ und c′′ sich
stets in demselben Sinne a¨ndern. Denn nicht nur φ′ und φ′′ (vgl. §217),
sondern auch r1 und r2, die Verdampfungswa¨rmen der beiden Komponenten,
sind wesentlich positiv.
Wirwollennunweiterannehmen,daß c′′>c′,waskeineBeschra¨nkungder
Allgemeinheit bedeutet, da man stets die Ziffer 1 auf diejenige Komponente
(z.B. Wasser) beziehen kann, die in der eingestrichenen Phase (Flu¨ssigkeit)
mit ho¨herem Prozentgehalt vertreten ist als in der zweigestrichenen Phase
(Dampf), und die Ziffer 2 auf diejenige Komponente (z.B. Alkohol),
die in der zweigestrichenen Phase mit ho¨herem Prozentgehalt vertreten
ist als in der eingestrichenen, und die wir die
”
flu¨chtigere“ Komponente
nennen wollen. Dann lehren die letzten Gleichungen, daß bei eintretender
Temperaturerho¨hung die Konzentration der flu¨chtigeren Komponente in
beiden Phasen gleichzeitig abnimmt, also daß z.B. bei fortschreitender
Destillation einer Mischung von Wasser und Alkohol sowohl das Destillat als
auch der Ru¨ckstand mit steigender Temperatur immer alkohola¨rmer wird.
Dieses Resultat kommt natu¨rlich dadurch zustande, daß das Verha¨ltnis der in
irgend einem Augenblicke verdampfenden Alkoholmenge zu der gleichzeitig
verdampfenden Wassermenge gro¨ßer ist als c′, aber kleiner ist als c′′. Durch
ersteren Umstand wird bedingt, daß die Flu¨ssigkeit alkohola¨rmer wird
(dc′<0), durch den zweiten Umstand, daß der Dampf alkohola¨rmer wird
(dc′′<0).
Bei geho¨riger Fortsetzung dieses isobaren Verdampfungsprozesses ko¨nnen
zwei Fa¨lle eintreten, je nachdem die Konzentration c′, welche ja zwischen
0 und c′′ liegt, schließlich mit dem Werte Null oder mit c′′ zusammenfa¨llt.
Im ersten Fall, fu¨r c′ = 0, ist schließlich die flu¨chtigere Komponente
ganz in die zweite Phase u¨bergegangen, und man erha¨lt in der ersten
Phase die weniger flu¨chtige Komponente mit jedem beliebigen Grade von
Reinheit. Das trifft z.B. zu bei Wasser und A¨thylalkohol. Im zweiten Fall
aber wird bei einer bestimmten Temperatur c′= c′′. Dann a¨ndert sich,
wie man aus den letzten beiden Gleichungen erkennt, der Siedepunkt T
nicht mehr mit der Konzentration, d.h. die weitere Verdampfung erfolgt
ohne Temperaturerho¨hung, und das Gemisch siedet konstant, Destillat und
Ru¨ckstand weisen dauernd dieselbe prozentische Zusammensetzung auf, z.B.
fu¨r Wasser und Ameisensa¨ure bei etwa 80% Sa¨uregehalt (etwas verschieden
je nach der Gro¨ße des angewandten Druckes).
Fu¨r dieses spezielle Mischungsverha¨ltnis ist also die Siedetemperatur T
ein Maximum: dT
dc′ = 0. Eine jede Lo¨sung von Ameisensa¨ure in Wasser
na¨hert sich daher bei steigender Siedetemperatur, d. h. bei fortgesetzter
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Vorlesungen über Thermodynamik
- Title
- Vorlesungen über Thermodynamik
- Author
- Max Planck
- Publisher
- VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & CO.
- Location
- Berlin und Leipzig
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Pages
- 284
- Keywords
- Theoretische Physik, Wirkungsquantum, Nobelpreis, Wärme, Temperatur, Hauptsatz, Systeme, Mathematik
- Categories
- Lehrbücher
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- Erster Abschnitt. Grundtatsachen und Definitionen 2
- Zweiter Abschnitt. Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 34
- Dritter Abschnitt. Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie 70
- Vierter Abschnitt. Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände 113
- Erstes Kapitel. Homogenes System 113
- Zweites Kapitel. System in verschiedenen Aggregatzuständen 127
- Drittes Kapitel. System von beliebig vielen unabhängigen Bestandteilen (Komponenten) 165
- Viertes Kapitel. Gasförmiges System 199
- Fünftes Kapitel. Verdünnte Lösungen 212
- Sechstes Kapitel. Absoluter Wert der Entropie. Theorem von NERNST 253