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Zarathustra stieg allein das Gebirge abwärts und Niemand begegnete ihm. Als
er aber in die Wälder kam, stand auf einmal ein Greis vor ihm, der seine
heilige Hütte verlassen hatte, um Wurzeln im Walde zu suchen. Und also
sprach der Greis zu Zarathustra:
Nicht fremd ist mir dieser Wanderer: vor manchen Jahre gieng er her
vorbei. Zarathustra hiess er; aber er hat sich verwandelt. Damals trugst du
deine Asche zu Berge: willst du heute dein Feuer in die Thäler tragen?
Fürchtest du nicht des Brandstifters Strafen?
Ja, ich erkenne Zarathustra. Rein ist sein Auge, und an seinem Munde birgt
sich kein Ekel. Geht er nicht daher wie ein Tänzer?
Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zarathustra, ein Erwachter ist
Zarathustra: was willst du nun bei den Schlafenden?
Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und das Meer trug dich. Wehe,
du willst an's Land steigen? Wehe, du willst deinen Leib wieder selber
schleppen?
Zarathustra antwortete: »Ich liebe die Menschen.«
Warum, sagte der Heilige, gieng ich doch in den Wald und die Einöde? War
es nicht, weil ich die Menschen allzu sehr liebte?
Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Der Mensch ist mir eine
zu unvollkommene Sache. Liebe zum Menschen würde mich umbringen.
Zarathustra antwortete: »Was sprach ich von Liebe! Ich bringe den
Menschen ein Geschenk.«
Gieb ihnen Nichts, sagte der Heilige. Nimm ihnen lieber Etwas ab und
trage es mit ihnen - das wird ihnen am wohlsten thun: wenn es dir nur
wohlthut!
Und willst du ihnen geben, so gieb nicht mehr, als ein Almosen, und lass
sie noch darum betteln!
»Nein, antwortete Zarathustra, ich gebe kein Almosen. Dazu bin ich nicht
arm genug.«
Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach also: So sieh zu, dass sie
deine Schätze annehmen! Sie sind misstrauisch gegen die Einsiedler und
glauben nicht, dass wir kommen, um zu schenken.
Unse Schritte klingen ihnen zu einsam durch die Gassen. Und wie wenn sie
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den Lehrstühlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glückseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berühmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom Vorübergehen 170
- Von den Abtrünnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der großen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- Außer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die Begrüßung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352