Page - 68 - in Also sprach Zarathustra
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das wissen Die, welche lange geliebt werden wollen.
Saure Ă„pfel giebt es freilich, deren Loos will, dass sie bis auf den letzten
Tag des Herbstes warten: und zugleich werden sie reif, gelb und runzelig.
Andern altert das Herz zuerst und Andern der Geist. Und Einige sind greis
in der Jugend: aber spät jung erhält lang jung.
Manchem missräth das Leben: ein Giftwurm frisst sich ihm an’s Herz. So
möge er zusehn, dass ihm das Sterben um so mehr gerathe.
Mancher wird nie sĂĽss, er fault im Sommer schon. Feigheit ist es, die ihn
an seinem Aste festhält.
Viel zu Viele leben und viel zu lange hängen sie an ihren Ästen. Möchte ein
Sturm kommen, der all diess Faule und Wurmfressne vom Baume schĂĽttelt!
Möchten Prediger kommen des schnellen Todes ! Das wären mir die
rechten Stürme und Schüttler an Lebensbäumen Aber ich höre nur den
langsamen Tod predigen und Geduld mit allem »Irdischen«.
Ach, ihr predigt Geduld mit dem Irdischen? Dieses Irdische ist es, das zu
viel Geduld mit euch hat, ihr Lästermäuler!
Wahrlich, zu früh starb jener Hebräer, den die Prediger des langsamen
Todes ehren: und Vielen ward es seitdem zum Verhängniss, dass er zu früh
starb.
Noch kannte er nur Thränen und die Schwermuth des Hebräers, sammt
dem Hasse der Guten und Gerechten, – der Hebräer Jesus: da überfiel ihn die
Sehnsucht zum Tode.
Wäre er doch in der Wüste geblieben und ferne von den Guten und
Gerechten! Vielleicht hätte er leben gelernt und die Erde lieben gelernt – und
das Lachen dazu!
Glaubt es mir, meine Brüder! Er starb zu früh; er selber hätte seine Lehre
widerrufen, wäre er bis zu meinem Alter gekommen! Edel genug war er zum
Widerrufen!
Aber ungereift war er noch. Unreif liebt der JĂĽngling und unreif hasst er
auch Mensch und Erde. Angebunden und schwer ist ihm noch GemĂĽth und
GeistesflĂĽgel.
Aber im Manne ist mehr Kind als im JĂĽnglinge, und weniger Schwermuth:
besser versteht er sich auf Tod und Leben.
Frei zum Tode und frei im Tode, ein heiliger Nein-sager, wenn es nicht Zeit
mehr ist zum Ja: also versteht er sich auf Tod und Leben.
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den LehrstĂĽhlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glĂĽckseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berĂĽhmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom VorĂĽbergehen 170
- Von den AbtrĂĽnnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der groĂźen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- AuĂźer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die BegrĂĽĂźung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352