Page - 81 - in Also sprach Zarathustra
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genommen sein und dem Adler sein Schweben in Adler-Fernen?
Gott ist ein Gedanke, der macht alles Gerade krumm und Alles, was steht,
drehend. Wie? Die Zeit wäre hinweg, und alles Vergängliche nur Lüge?
Diess zu denken ist Wirbel und Schwindel menschlichen Gebeinen und
noch dem Magen ein Erbrechen: wahrlich, die drehende Krankheit heisse
ich’s, Solches zu muthmaassen.
Böse heisse ich’s und menschenfeindlich: all diess Lehren vom Einen und
Vollen und Unbewegten und Satten und Unvergänglichen!
Alles Unvergängliche – das ist nur ein Gleichniss! Und die Dichter lügen
zuviel. –
Aber von Zeit und Werden sollen die besten Gleichnisse reden: ein Lob
sollen sie sein und eine Rechtfertigung aller Vergänglichkeit!
Schaffen – das ist die grosse Erlösung vom Leiden, und des Lebens
Leichtwerden. Aber dass der Schaffende sei, dazu selber thut Leid noth und
viel Verwandelung.
Ja, viel bitteres Sterben muss in eurem Leben sein, ihr Schaffenden! Also
seid ihr Fürsprecher und Rechtfertiger aller Vergänglichkeit.
Dass der Schaffende selber das Kind sei, das neu geboren werde, dazu
muss er auch die Gebärerin sein wollen und der Schmerz der Gebärerin.
Wahrlich, durch hundert Seelen gieng ich meinen Weg und durch hundert
Wiegen und Geburtswehen. Manchen Abschied nahm ich schon, ich kenne
die herzbrechenden letzten Stunden.
Aber so will’s mein schaffender Wille, mein Schicksal. Oder, dass ich’s
euch redlicher sage: solches Schicksal gerade – will mein Wille.
Alles Fühlende leidet an mir und ist in Gefängnissen: aber mein Wollen
kommt mir stets als mein Befreier und Freudebringer.
Wollen befreit: das ist die wahre Lehre von Wille und Freiheit – so lehrt sie
euch Zarathustra.
Nicht-mehr-wollen und Nicht-mehr-schätzen und Nicht-mehr-schaffen!
ach, dass diese grosse MĂĽdigkeit mir stets ferne bleibe!
Auch im Erkennen fĂĽhle ich nur meines Willens Zeuge- und Werde-Lust;
und wenn Unschuld in meiner Erkenntniss ist, so geschieht diess, weil Wille
zur Zeugung in ihr ist.
Hinweg von Gott und Göttem lockte mich dieser Wille; was wäre denn zu
schaffen, wenn Götter – da wären!
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den LehrstĂĽhlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glĂĽckseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berĂĽhmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom VorĂĽbergehen 170
- Von den AbtrĂĽnnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der groĂźen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- AuĂźer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die BegrĂĽĂźung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352