Page - 113 - in Also sprach Zarathustra
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und nicht nach Verachtung der Erde.
Als weissen Stier möchte ich ihn sehn, wie er schnaubend und brüllend der
Pflugschar vorangeht: und sein Gebrüll sollte noch alles Irdische preisen!
Dunkel noch ist sein Antlitz; der Hand Schatten spielt auf ihm. Verschattet
ist noch der Sinn seines Auges.
Seine That selber ist noch der Schatten auf ihm: die Hand verdunkelt den
Handelnden. Noch hat er seine That nicht überwunden.
Wohl liebe ich an ihm den Nacken des Stiers: aber nun will ich auch noch
das Auge des Engels sehn.
Auch seinen Helden-Willen muss er noch verlernen: ein Gehobener soll er
mir sein und nicht nur ein Erhabener: – der Aether selber sollte ihn heben, den
Willenlosen!
Er bezwang Unthiere, er löste Räthsel: aber erlösen sollte er auch noch
seine Unthiere und Räthsel, zu himmlischen Kindern sollte er sie noch
verwandeln.
Noch hat seine Erkenntniss nicht lächeln gelernt und ohne Eifersucht sein;
noch ist seine strömende Leidenschaft nicht stille geworden in der Schönheit.
Wahrlich, nicht in der Sattheit soll sein Verlangen schweigen und
untertauchen, sondern in der Schönheit! Die Anmuth gehört zur Grossmuth
des Grossgesinnten.
Den Arm über das Haupt gelegt: so sollte der Held ausruhn, so sollte er
auch noch sein Ausruhen überwinden.
Aber gerade dem Helden ist das Schöne aller Dinge Schwerstes.
Unerringbar ist das Schöne allem heftigen Willen.
Ein Wenig mehr, ein Wenig weniger: das gerade ist hier Viel, das ist hier
das Meiste.
Mit lässigen Muskeln stehn und mit abgeschirrtem Willen: das ist das
Schwerste euch Allen, ihr Erhabenen!
Wenn die Macht gnädig wird und herabkommt in’s Sichtbare: Schönheit
heisse ich solches Herabkommen.
Und von Niemandem will ich so als von dir gerade Schönheit, du
Gewaltiger: deine Güte sei deine letzte Selbst- Überwältigung.
Alles Böse traue ich dir zu: darum will ich von dir das Gute.
Wahrlich, ich lachte oft der Schwächlinge, welche sich gut glauben, weil
sie lahme Tatzen haben!
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den Lehrstühlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glückseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berühmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom Vorübergehen 170
- Von den Abtrünnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der großen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- Außer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die Begrüßung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352