Page - 124 - in Also sprach Zarathustra
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Und selbst nach den Dingen sind wir noch begehrlich, die sich die alten
Weibchen Abends erzählen. Das heissen wir selber an uns das Ewig-
Weibliche.
Und als ob es einen besondren geheimen Zugang zum Wissen gäbe, der
sich Denen verschĂĽtte, welche Etwas lernen: so glauben wir an das Volk und
seine »Weisheit.«
Das aber glauben alle Dichter: dass wer im Grase oder an einsamen
Gehängen liegend die Ohren spitze, Etwas von den Dingen erfahre, die
zwischen Himmel und Erde sind.
Und kommen ihnen zärtliche Regungen, so meinen die Dichter immer, die
Natur selber sei in sie verliebt:
Und sie schleiche zu ihrem Ohre, Heimliches hinein zu sagen und verliebte
Schmeichelreden: dessen brüsten und blähen sie sich vor allen Sterblichen!
Ach, es giebt so viel Dinge zwischen Himmel und Erden, von denen sich
nur die Dichter Etwas haben träumen lassen!
Und zumal über dem Himmel: denn alle Götter sind Dichter-Gleichniss,
Dichter-Erschleichniss!
Wahrlich, immer zieht es uns hinan – nämlich zum Reich der Wolken: auf
diese setzen wir unsre bunten Bälge und heissen sie dann Götter und
Übermenschen: –
Sind sie doch gerade leicht genug für diese Stühle! – alle diese Götter und
Ăśbermenschen.
Ach, wie bin ich all des Unzulänglichen müde, das durchaus Ereigniss sein
soll! Ach, wie bin ich der Dichter mĂĽde!
Als Zarathustra so sprach, zĂĽrnte ihm sein JĂĽnger, aber er schwieg. Und
auch Zarathustra schwieg; und sein Auge hatte sich nach innen gekehrt,
gleich als ob es in weite Fernen sähe. Endlich seufzte er und holte Athem.
Ich bin von Heute und Ehedem, sagte er dann; aber Etwas ist in mir, das ist
von Morgen und ĂĽbermorgen und Einstmals.
Ich wurde der Dichter müde, der alten und der neuen: Oberflächliche sind
sie mir Alle und seichte Meere.
Sie dachten nicht genug in die Tiefe: darum sank ihr GefĂĽhl nicht bis zu
den GrĂĽnden.
Etwas Wollust und etwas Langeweile: das ist noch ihr bestes Nachdenken
gewesen.
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den LehrstĂĽhlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glĂĽckseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berĂĽhmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom VorĂĽbergehen 170
- Von den AbtrĂĽnnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der groĂźen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- AuĂźer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die BegrĂĽĂźung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352