Page - 153 - in Also sprach Zarathustra
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Mondschein selber, und ich und du im Thorwege, zusammen flĂĽsternd, von
ewigen Dingen flüsternd – müssen wir nicht Alle schon dagewesen sein?
– und wiederkommen und in jener anderen Gasse laufen, hinaus, vor uns,
in dieser langen schaurigen Gasse – müssen wir nicht ewig
wiederkommen? –«
Also redete ich, und immer leiser: denn ich fĂĽrchtete mich vor meinen
eignen Gedanken und Hintergedanken. Da, plötzlich, hörte ich einen Hund
nahe heulen.
Hörte ich jemals einen Hund so heulen? Mein Gedanke lief zurück. Ja! Als
ich Kind war, in fernster Kindheit:
– da hörte ich einen Hund so heulen. Und sah ihn auch, gesträubt, den Kopf
nach Oben, zitternd, in stillster Mitternacht, wo auch Hunde an Gespenster
glauben:
– also dass es mich erbarmte. Eben nämlich gieng der volle Mond,
todtschweigsam, über das Haus, eben stand er still, eine runde Gluth, – still
auf flachem Dache, gleich als auf fremdem Eigenthume: –
darob entsetzte sich damals der Hund: denn Hunde glauben an Diebe und
Gespenster. Und als ich wieder so heulen hörte, da erbarmte es mich
abermals.
Wohin war jetzt Zwerg? und Thorweg? Und Spinne? Und alles FlĂĽstern?
Träumte ich denn? Wachte ich auf? Zwischen wilden Klippen stand ich mit
Einem Male, allein, öde, im ödesten Mondscheine.
Aber da lag ein Mensch! Und da! Der Hund, springend, gesträubt,
winselnd, – jetzt sah er mich kommen – da heulte er wieder, da schrie er: –
hörte ich je einen Hund so Hülfe schrein?
Und, wahrlich, was ich sah, desgleichen sah ich nie. Einen jungen Hirten
sah ich, sich windend, wĂĽrgend, zuckend, verzerrten Antlitzes, dem eine
schwarze schwere Schlange aus dem Munde hieng.
Sah ich je so viel Ekel und bleiches Grauen auf Einem Antlitze? Er hatte
wohl geschlafen? Da kroch ihm die Schlange in den Schlund – da biss sie sich
fest.
Meine Hand riss die Schlange und riss: – umsonst! sie riss die Schlange
nicht aus dem Schlunde. Da schrie es aus mir: »Beiss zu! Beiss zu!
Den Kopf ab! Beiss zu!« – so schrie es aus mir, mein Grauen, mein Hass,
mein Ekel, mein Erbarmen, all mein Gutes und Schlimmes schrie mit Einem
Schrei aus mir. –
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den LehrstĂĽhlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glĂĽckseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berĂĽhmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom VorĂĽbergehen 170
- Von den AbtrĂĽnnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der groĂźen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- AuĂźer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die BegrĂĽĂźung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352