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– der Winter-Himmel, der schweigsame, der oft noch seine Sonne
verschweigt!
Lernte ich wohl von ihm das lange lichte Schweigen? Oder lernte er’s von
mir? Oder hat ein jeder von uns es selbst erfunden?
Aller guten Dinge Ursprung ist tausendfältig, – alle guten muthwilligen
Dinge springen vor Lust in’s Dasein: wie sollten sie das immer nur – Ein Mal
thun!
Ein gutes muthwilliges Ding ist auch das lange Schweigen und gleich dem
Winter-Himmel blicken aus lichtem rundäugichten Antlitze: –
– gleich ihm seine Sonne verschweigen und seinen unbeugsamen Sonnen-
Willen: wahrlich, diese Kunst und diesen Winter-Muthwillen lernte ich gut!
Meine liebste Bosheit und Kunst ist es, dass mein Schweigen lernte, sich
nicht durch Schweigen zu verrathen.
Mit Worten und WĂĽrfeln klappernd ĂĽberliste ich mir die feierlichen Warter:
allen diesen gestrengen Aufpassern soll mein Wille und Zweck entschlĂĽpfen.
Dass mir Niemand in meinen Grund und letzten Willen hinab sehe, – dazu
erfand ich mir das lange lichte Schweigen.
So manchen Klugen fand ich: der verschleierte sein Antlitz und trĂĽbte sein
Wasser, dass Niemand ihm hindurch und hinunter sehe.
Aber zu ihm gerade kamen die klĂĽgeren Misstrauer und Nussknacker: ihm
gerade fischte man seinen verborgensten Fisch heraus!
Sondern die Hellen, die Wackern, die Durchsichtigen – das sind mir die
klĂĽgsten Schweiger: denen so tief ihr Grund ist, dass auch das hellste Wasser
ihn nicht – verräth. –
Du schneebärtiger schweigender Winter-Himmel, du rundäugichter
Weisskopf ĂĽber mir! Oh du himmlisches Gleichniss meiner Seele und ihres
Muthwillens!
Und muss ich mich nicht verbergen, gleich Einem, der Gold verschluckt
hat, – dass man mir nicht die Seele aufschlitze?
Muss ich nicht Stelzen tragen, dass sie meine langen Beine übersehen, –
alle diese Neidbolde und Leidholde, die um mich sind?
Diese räucherigen, stubenwarmen, verbrauchten, vergrünten, vergrämelten
Seelen – wie könnte ihr Neid mein Glück ertragen!
So zeige ich ihnen nur das Eis und den Winter auf meinen Gipfeln –
und nicht, dass mein Berg noch alle SonnengĂĽrtel um sich schlingt!
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den LehrstĂĽhlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glĂĽckseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berĂĽhmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom VorĂĽbergehen 170
- Von den AbtrĂĽnnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der groĂźen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- AuĂźer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die BegrĂĽĂźung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352