Page - 270 - in Also sprach Zarathustra
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– »Was höre ich!« sprach hier der alte Papst mit gespitzen Ohren; »o
Zarathustra, du bist frömmer als du glaubst, mit einem solchen Unglauben!
Irgendein Gott in dir bekehrte dich zu deiner Gottlosigkeit.
Ist es nicht deine Frömmigkeit selber, die dich nicht mehr an einen Gott
glauben läßt? Und deine übergroße Redlichkeit wird dich auch noch jenseits
von Gut und Böse wegführen!
Siehe doch, was blieb dir aufgespart? Du hast Augen und Hand und Mund,
die sind zum Segnen vorherbestimmt seit Ewigkeit. Man segnet nicht mit der
Hand allein.
In deiner Nähe, ob du schon der Gottloseste sein willst, wittere ich einen
heimlichen Weih- und Wohlgeruch von langen Segnungen: mir wird wohl und
wehe dabei.
Laß mich dein Gast sein, o Zarathustra, für eine einzige Nacht! Nirgends
auf Erden wird es mir jetzt wohler als bei dir!« –
»Amen! So soll es sein!« sprach Zarathustra mit großer Verwunderung,
»dort hinauf führt der Weg, da liegt die Höhle Zarathustras.
Gerne, fürwahr, würde ich dich selber dahin geleiten, du Ehrwürdiger, denn
ich liebe alle frommen Menschen. Aber jetzt ruft mich eilig ein Notschrei weg
von dir.
In meinem Bereiche soll mir niemand zu Schaden kommen; meine Höhle
ist ein guter Hafen. Und am liebsten möchte ich jedweden Traurigen wieder
auf festes Land und feste Beine stellen.
Wer aber nähme dir deine Schwermut von der Schulter? Dazu bin ich zu
schwach. Lange, wahrlich, möchten wir warten, bis dir einer deinen Gott
wieder aufweckt.
Dieser alte Gott lebt nämlich nicht mehr: der ist gründlich tot.« –
Also sprach Zarathustra
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den Lehrstühlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glückseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berühmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom Vorübergehen 170
- Von den Abtrünnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der großen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- Außer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die Begrüßung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352