Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Zipper und sein Vater
Page - 110 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 110 - in Zipper und sein Vater

Image of the Page - 110 -

Image of the Page - 110 - in Zipper und sein Vater

Text of the Page - 110 -

Brief des Autors an Arnold Zipper Lieber Arnold, vielleicht, ja wahrscheinlich wird Dir dieser mein bescheidener Bericht über Deines Vaters und über Dein bescheidenes Leben in die Hand kommen. Es ist möglich, daß Du es aufgegeben hast, noch einmal mit mir in eine briefliche Verbindung zu gelangen, und daß Du Deine neue Existenz mit dem wahrscheinlich berechtigten Entschluß begonnen hast, nicht mehr an die Vergangenheit zu rühren. Dann wäre dieser Brief, den ich Dir eben schreibe, das einzige Zeichen meiner Freundschaft, das Du nach langer Zeit erhältst, und ein Zeichen meiner durch den vorliegenden Bericht keineswegs beendeten oder auch nur geschwächten Freundschaft. Denn ich habe, wie Du siehst, nachdem Du alles gelesen hast, unsere Freundschaft ebensowenig erschöpft wie Dein Schicksal. Ja, es schien mir, kaum hatte ich den letzten Punkt hinter das Geschriebene gesetzt, daß ich nicht zuviel, sondern viel eher zuwenig von Dir berichtet habe. Der Grund dafür scheint mir eben darin zu liegen, daß ich zwischen Dir und mir die Distanz nicht sehe, die zwischen Deinem Vater und mir vorhanden war. Vielleicht auch hatte ich die einigermaßen berechtigte Angst, ich müßte, wollte ich mehr von Dir schreiben, auch manches nicht Unwichtige von mir selbst erwähnen – und das hätte den Rahmen meiner Aufgabe sprengen können. Mit jener Klarheit Dich zu zeichnen, die allein aus der Distanz kommt, war mir, wie schon gesagt, nicht möglich. Doch schien mir das Leben Deines Vaters mit dem Deinigen so notwendig verbunden, daß ich, wollte ich Dich eliminieren, vieles hätte verschweigen müssen. Und beim Schriftsteller beginnt schon dort, wo er schweigt, die Lüge. Dies alles mußte ich Dir direkt sagen, ins Gesicht gewissermaßen, obwohl immerhin die Gefahr besteht, daß Dich dieser Brief niemals erreichen wird. Ich fühlte die Notwendigkeit, mich bei Dir zu entschuldigen, nicht, weil ich Dein Leben zum Gegenstand meines Buches gemacht habe, sondern umgekehrt: weil ich zuwenig von Dir berichtet haben könnte. Du gehörst zu jenen Menschen, denen man nicht zu erklären braucht, was den Unterschied macht zwischen einer Indiskretion und einer exemplarischen Darstellung. Ich weiß also schon, daß Du, weit entfernt, Dich über dieses Buch zu ärgern, Dich darüber freuen wirst, in dem Maß, in dem Dir mein Versuch gelungen erscheinen wird: der Versuch, an zwei Menschen die Verschiedenheiten und die Ähnlichkeiten zweier Generationen so darzustellen, daß diese Darstellung nicht mehr als der private Bericht über zwei private Leben gelten kann. Denn so stark und, man kann sagen, so sonderbar auch die Individualität Deines Vaters war, seine Erscheinung war noch mehr typisch für die Generation 110
back to the  book Zipper und sein Vater"
Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zipper und sein Vater