Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Zipper und sein Vater
Page - 83 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 83 - in Zipper und sein Vater

Image of the Page - 83 -

Image of the Page - 83 - in Zipper und sein Vater

Text of the Page - 83 -

16 Kapitel An einem Sonntagnachmittag, an dem Erna auch mich eingeladen hatte, überredete ich Arnold, nicht im Wagen zu seiner Frau zu fahren, sondern mit mir zu Fuß hinauszugehen. Es war ein warmer Sonntag, nach langer Zeit ein warmer Sonntag. Das Volk, »die gute Sache«, vor der Erna sich abschloß, wanderte in Scharen hinaus. Es war Spätsommer, eine letzte goldene Heiterkeit lag auf den Straßen. Die Bäume, die an den Rändern standen, ließen gelbe Blätter fallen. »Ich bin dir dankbar«, sagte Arnold, »daß du mich bewogen hast, mit dir zu gehen. Seit einigen Jahren bin ich nicht mehr so ruhig gewandert. Erinnerst du dich noch an unsere Ausflüge mit meinem Vater?« »Ja«, sagte ich, »ich erinnere mich an sie, als wären sie gestern gewesen. Dein Vater trug einen hellgrauen, steifen Hut mit einem noch heller getönten, gerippten, außerordentlich breiten Band. Es bedeckte fast den halben Hut.« »Ein echter Habig!« zitierte Arnold. »Ja, ein echter Habig. Auch einen Stock mit echtem Elfenbeingriff hatte dein Vater. Der Griff war einige Male abgefallen, er hatte ein lockeres Gewinde. Dein Vater legte Papier zwischen den Stock und den Griff, damit er besser halte. Wir gingen ins Krapfenwaldl, standen vor der Sobieski-Kirche, und dein Vater sagte: ›Dieser Sobieski wird gewaltig überschätzt. Die Wiener wären auch so mit den Türken fertig geworden.‹ – Der König Sobieski war ihm nicht sympathisch. Schließlich war er ein Patriot, ohne daß er es zugeben wollte – es sei denn im Krieg.« »Gestern habe ich einen Brief von meinem Vater bekommen«, sagte Arnold. »Lies ihn!« Ich las: »Mein innig geliebter Sohn« – blätterte um, und der altgewohnte Schluß war wieder da: »Ohne besondere Wichtigkeiten Dein Dich liebender Vater.« Der alte Zipper teilte seinem Sohn mit, daß er gesund sei und jede Woche dreimal ins Kino gehe. Dank seinen alten Verbindungen habe er Freikarten, die nur an Sonn- und Feiertagen nicht gültig seien. Nicht er – so schrieb der alte Zipper –, aber eigentlich die Mutter würde sich einmal freuen, wenn ihre berühmte Schwiegertochter einen Gruß schicken würde. »Ich kenne ihre Handschrift noch nicht«, schrieb der alte Zipper. Aber wenn er 83
back to the  book Zipper und sein Vater"
Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zipper und sein Vater