Seite - 209 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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der nur die äußerliche, umgebende1 Schale des Individuums
zerbeißt, damit der fleischige, schmackhafte Kern des
Individuums für sich selbst heraustritt. Denn der Mensch
erkennt sich nur selbst in Gott, findet in ihm nur die
Versicherung seiner selbst,2 erhält in Gott und von ihm
nur sich selbst zurück, Gott ist ihm nur das unantast-
bare Heiligtum, die heilige Autorität,3 die unverletzliche
Bescheinigung4 und Gewährleistung seiner selbst und 5
seines eignen Daseins, Gott ist ihm nur Hauspapa, Wacht-
meister und Nachtwächter seiner selbst, Genius, Schutz-
patron. Und wie sollte und könnte daher das Individuum
an sein Ende und in sein Ende6 denken, da es selbst im
Unendlichen nur an sich selbst denkt, da es in Gott selbst
nicht das Ende seiner selbst und das Prinzip seines Todes
findet, sondern nur das Prinzip seines Daseins, seiner
selbstischen Realität, da ihm Gott nur der Anfang seiner
Endlichkeit, nicht auch zugleich das Ende seiner Endlichkeit
ist7? Wie sollte es in die Tiefe des Todes schauen können,
da es selbst im Tiefsten nur die es selbst ab- und wider-
spiegelnde Oberfläche und glänzende Außenseite sieht?8
Gott ist darum noch nicht als Geist bestimmt, wenn er nur
als absolute Person bestimmt wird, die in sich ist im
Unterschied von der Natur und in diesem Unterschied
von sich weiß. Denn die Natur, das Andre Gottes, wird
dann nur außer Gott für sich selbständig gedacht, und
Gott ist so nur unterschieden von der Natur, aber
er selbst Unterscheidet sich nicht von ihr und ist
darum nur Person, nicht Geist; denn Geist ist er nur,
wenn er das, was er ist, durch sich selbst ist, wenn sein
Sein das Produkt und Resultat seiner Tätigkeit ist. Wird
aber Gott nur als Person gefaßt, nur als unterschieden von
der Natur, so fällt, wie gesagt, die Natur außer Gott, und
1 äußerliche, umgebende Fehlt in B.
2 findet . . . selbst, Fehlt in B.
3 die . . . Autorität, Fehlt in B.
4 Garantie B
5 seiner . . . und Fehlt in B.
c sein Ende . . . Ende: seine Endlichkeit B
7 da es in Gott. . . Endlichkeit ist: nur das Prinzip seines
persönlichen Daseins, seiner selbstischen "Realität erkennt B
8 Mit dem folgenden beginnt in B ein neuer Absatz.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften