Seite - 400 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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Schranke ist ja überhaupt, wenn sie wirkliche Bestimmung
und Beschaffenheit ist, der Begriff wie das Leben eines
Dings, sein Grund wie sein Wesen; indem daher in der
Schranke eines Dings sein Wesen enthalten ist, so ist in
ihm zugleich die Aufhebung der Schranke, Unendlichkeit.1
Wenn nun aber der Tod nur eine sich selbst verneinende
Verneinung ist, so ist auch die Unsterblichkeit im ge-
wöhnlichen Sinne als der bloße Gegensatz einer Nichtigkeit
eine unwirkliche, unbestimmte Bejahung des Individuums,
des Lebens und Daseins. Wenn ich von dir sage, du bist
ein lebendiges, empfindendes, liebendes, wollendes, erken-
nendes Wesen, so sage ich unendlich mehr viel2 Reelleres
und Bestimmteres und Tieferes von dir aus, als wenn ich
von dir sage, du bist unsterbliches Wesen. Jede gute Hand-
lung, jede Erkenntnis und Gedanke, jede Empfindung,
sei sie selbst eine sinnliche, ist mehr als Unsterblichkeit;
in 3 jeder Handlung, Empfindung, Erkenntnis hegt mehr
Wesen, mehr Realität, mehr Wirklichkeit als in der Un-
sterblichkeit. Vor dem Inhalt, dem Wesen, dem bestimm-
ten und bestimmenden Begriff verschwindet, als bloßer
Schein, Sterblichkeit und Unsterblichkeit. Bestimmtheit,
Beschaffenheit ist nicht nur Unsterblichkeit, sondern mehr
als diese, denn diese bestimmt nicht, erzeugt keinen Be-
griff, ist nicht einmal ein Prädikat.4 Sowenig ich etwas
Wirkliches von der Pflanze aussage, wenn ich sage, sie
ist vergänglich, sowenig ich eine Blume bestimme, wenn
ich behaupte, sie vergeht, sowenig5 die Prädikate Ver-
gänglichkeit, Sterblichkeit ein Wesen affizieren, ergreifen
und berühren, sowenig affiziert und trifft das Prädi-
kat der Unvergänglichkeit oder Unsterblichkeit die Seele
oder das6 Individuum; aber ein nicht affizierendes, ein
affektloses Prädikat ist kein Prädikat, denn das Prädikat
rührt, begeistert, versetzt in Leidenschaft, Das Prädikat
ist ja Definition und Spezifikation, und jede Begrenzung
1 Sie kommt nie [Seite 399] . . . Schranke, Unendlichkeit.
Fehlt in B. In A folgt Leerzeile vor dem nächsten Absatz.
2 , unendlich B
3 Jede gute . . . Unsterblichkeit; i n : In B
4 Vor dem Inhalt, dem Wesen . . . ein Prädikat. Fehlt in B.
5 In B folgt Zusatz: überhaupt
ö die . . . das: das Leben oder B
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften