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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 575 -
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Realität und Geistesgewalt sind, wie sollen ihre Anschau- ungen es nicht sein, nach deren Größe und Realität sich doch allein ihre eigne Größe und Realität bemißt? Könnt ihr euch denn einbilden, daß der Mensch im Dichten und Denken über sein wahres Sein hinauskann, daß er Gott anders denkt, als er selber in Wahrheit ist, daß er etwas zum Objekt seiner Anschauungen machen kann, was nicht zugleich eine Anschauung seiner selbst wäre? Was heißt Dichten und Denken anders, als sein eigenes Leben zu einem Gemeingut, zu einem Leben machen, das auch alle andere[n] mitleben und mitgenießen können, als sich selbst, sein Wesen zum anschaubaren Gegenstande nicht nur seiner selbst, sondern auch anderer machen? Also: Wenn ihr Leibniz' philosophisches Prinzip, die Monade, Spinozas Substanz einen bloßen Gedanken in eurem Sinne, d. i. eine Einbildung oder Chimäre nennt, so nennt ihr den Leibniz, den Spinoza selbst eine Chimäre; es ist eine Unwahrheit, daß je ein Leibniz existierte, wenn seine Monade eine Unwahrheit ist; war seine Monade nichts, so war er selbst auch nichts. Denn in der Monade, die Leib- niz zum Prinzipe der Welt machte, haben wir sein ver- gegenständlichtes Wesen selbst, haben wir ihn ganz, wie er leibt und lebt. Wie Xenophanes von seinem Gotte sang: „Er ist ganz Auge, ganz Ohr", so können wir von Leibniz sagen : Er hatte nicht Geist, er war selbst ganz Geist, ganz Denken, ganz Leben und Tätigkeit. Wie das Universum, seiner Philo- sophie zufolge, einem Fischteiche voller lebendiger Wesen gleicht, in dem aber jeder Wassertropfe selbst wieder ein Fischteich ist, so war jeder Blutstropfe, jedes Atom von ihm selbst wieder ein kleiner Leibniz, Leibniz selbst nichts anders als ein compositum,1 ein Aggregat, eine große2 Enzyklopädie von lauter Leibnizen, wovon aber jeder sein ganzes Wesen widerspiegelt, wie jede Monade das ganze Universum, nichts anders als ein dichter (sit venia verbo [mit Verlaub gesagt]) Lichtbüschel, wovon jeder einzelne Strahl hingereicht hätte, die Seele eines tüchtigen Menschen zu bilden. Betrachtet dagegen die erhabne Einfachheit, die stille Würde und Ruhe im Leben und Charakter Spi- 1 ein compositum, Fehlt in C. 2 Fehlt in C. 575
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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