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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 597 -
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Regel zu gelten, macht er es lieber wie jener Bauer, der aus Ärger, daß er es keinem recht machen konnte, seinen Esel in den Bach warf. Ja, wenn ihm sein eigner Leibarzt dringend anempfiehlt, zur Stärkung und Belebung seiner schwachen Nerven täglich einen Schoppen Wein mehr zu trinken als seine Tischgenossen, so getraut er es sich doch nicht zu tun, aus Rücksicht vor dem: Was werden wohl die Leute davon sagen?, wenn nicht ein anderer, der beherzter als er ist, zugleich aber natürlich ein Mann von vieler Autorität sein muß, damit er ohne Scheu sich auf sein Beispiel berufen kann, ihm einen Schoppen Wein vortrinkt. Mancher wäre ein Talent, wenn er den Mut hätte, eines zu sein, wenn er nicht erst warten wollte, bis ihm ein öffentliches Patent über die Ausübung seines Talentes ausgefertigt würde. Aber ehe er auch nur einen Sechser ausgibt, dreht er ihn dreimal bedächtlich herum und besieht ihn oben und unten, ob er auch gerade so wie die gangbaren Sechser aussieht, aus Besorgnis, er möchte gar für einen Falschmünzer gehalten werden, wenn er andre als schon gebrauchte Münzen ausgibt. Und so kommt denn richtig der arme Teufel um sein bestes Gut, sein Talent; denn was man zu lange für sich selbst behält, das gehört einem zuletzt nicht mehr an, und eben das Talent gehört in die Klasse von den Gütern, deren Besitz und Gebrauch unzertrennlich sind. Wie ganz anders macht es dagegen der Geist! Frei und sorgenlos wandelt er seinen Weg, nur der untrüglichen Wünschelrute seines Genius folgend, die ihm selbst noch unter dem Boden, über den der Haufe, nicht ahnend, welche Schätze er birgt, blindlings dahintappt, Quellen des ewigen Lebens finden läßt. Er geht heute gerade und morgen krumm, wie's ihm eben gut dünkt, nie der großen Landstraße nach, auf der die Menge in eng geschlossnen Reihen dahermarschiert, damit ja jeder immer in die Fußtapfen seiner Vorgänger tritt und, mit genauen Post- karten in der Hand, nur mit gespannter Aufmerksam- keit das ungeduldig erwartete Ziel, die sichere Herberge, verfolgend, nicht einmal, um keine Zeit zu verlieren, einen Blick auf die herrlichen Naturschönheiten wirft, die stets abseits der Heerstraße liegen. Er folgt nur dem schönen Laufe des Stromes seiner unerschöpflichen innern Lebens- 43* 597
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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