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blieb, weil er, der Schwachkopf, die fixe Idee hatte, er
könne in dieser Lage am besten simulieren 1, daher er uns,
wenn wir ihn wegen seiner Narrheit auslachten, auf die
Autorität eines gewissen Lichtenbergs verwies, der auch
schon eine ähnliche Erfahrung, wie er, müsse gemacht
haben, wreil er sage, es sei „ganz gewiß, daß einem bisweilen
ein Gedanke gefalle, wenn man liege, der einem nicht mehr
gefalle, wenn man stehe". Endlich hat er sich oft wider
alles Dekorum, wider alle Regeln *les gesunden Menschen-
verstandes,2 zum Skandale aller wohlgesitteten Leute,
zum Hohne der aufrechtstehenden Gestalt, die von jeher
als das einzige spezifische Unterscheidungsmerkmal zwi-
schen Humanität und Brutalität angesehen wrurde, wie eine
Bestie auf den Bauch gestreckter Länge zwischen seinen
Büchern auf den Boden hingelegt und in dieser menschen-
schändenden vernunftempörenden, dem Erdboden gleichen
Lage studiert, wie ein gewisser Cujaccius und jener italie-
nische Narr, von dessen schauderhaftem Wandel und Ende
ich euch oben erzählt habe. Ja, er hat sogar — das fällt
mir gerade noch zur rechten Zeit ein; oh, menschliche
Schwachheit, warum kommt denn bei dir immer das
Beste zu allerletzt? Oh, ihr Philosophen, ihr Hochmuts-
narren, erkennet daran, was es für ein armseliges Ding
um eure Vernunft ist! — paßt auf! das ist die Summa
Summarum aller seiner Narrenstreiche —, er hat sogar,
wie Cervantes, immer den einen Hosenknopf offen gehabt.
Ihr seht daraus zur Genüge, meine lieben Brüder, daß der
Kerl nicht recht bei Vernunft ist und froh sein darf, daß
wir ihn noch im Freien herumlaufen lassen und nicht
längst schon der Sanitätspolizei des gemeinen Menschen-
verstandes3 ausgeliefert haben, um ihn in einem Irren-
hause einzusperren. Allein der Geist, ob er wohl ebensogut,,
wie wir hier, weiß, wie die Kameraden über ihn räsonieren
und sich lustig machen, läßt sich dadurch nicht irremachen.
Er setzt con amore [mit Vergnügen] seine Lustreise fort,
bald verloren in bewundernde Anschauung der Natur, bald
frohe Lieder aus voller Brust singend, die er aber notabene
1 spekulieren C
2 wider alle . . . Menschenverstandes, Fehlt in C.
3 des . . . Menschenverstandes Fehlt in C.
Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften