Seite - XX - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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xxii Frank Stern · Barbara Eichinger
Studies, der Visual History, Studien zur Performativität sowie der Mentalitäts- und
Biografiegeschichte ergeben, zu nutzen.
Ein Blick von heute, nach der Wende des 20. zum 21. Jahrhundert, auf das jüdische
Leben zeigt fruchtbare kulturelle und wissenschaftliche Verflechtungen vieler Länder
mit jenem Wien vor 1938 – erinnert aber auch schmerzvoll an die radikale „Vertrei-
bung der Vernunft“ . Zahlreiche Entwicklungen in künstlerischen und universitären,
genauso wie in ökonomischen Bereichen in den usa, in Großbritannien, in der Tür-
kei, in Israel sind von der Integration emigrierter Wiener Jüdinnen und Juden geprägt.
Sie waren und sind die Mittler zwischen den Kulturen und Repräsentanten eines mehr
oder weniger erzwungenen Kulturtransfers. Traditionen und Erinnerungen wurden
in die neuen Lebensräume mitgetragen, an die neuen Bedingungen angepasst – oft-
mals um den Preis schwerer persönlicher Zugeständnisse und Krisen.
Die oft widersprüchlichen Bilder eines Wiens von 1900–1938 ergeben sich daher
nicht allein aus quellenorientierten Analysen jener Jahre sondern aus den Bildern,
Vorstellungen, Erinnerungen und wissenschaftlichen Untersuchungen, Oral History
Archiven, Formen visualisierter Geschichte, in denen die ehemaligen WienerInnen
ihre vergangenen Erfahrungen bis in die Gegenwart bewahrten. Es interessieren die
Spuren dieser Wiener Ursprünge, sozusagen der „Thirty-Eighters“ in New York und
Hollywood, in Haifa, Tel Aviv, Jerusalem und Shanghai und zahlreichen anderen
Orten, an denen sich die Vertriebenen mit ihren Kindern niedergelassen und ihre
Geschichte mitgetragen haben. Diese weltweiten alltagskulturellen Übertragungen
verschmelzen zu neuen Identitäten, die noch heute die jüngste Generation der Nach-
fahren der Exilierten prägen, die u. a. durch wiederbelebte kulturelle und wissen-
schaftliche Aktivitäten versucht, die Folgen der Shoah zu verarbeiten. So ist gegen-
wärtig an den Universitäten ein großer Nachholbedarf hinsichtlich der vertriebenen
Wissenschaften spürbar, wenngleich mit einer Verspätung von Jahrzehnten. Aber auch
in anderen Bereichen der Gesellschaft – der Hochkultur genauso wie der Populärkul-
tur – werden die Spuren des einstigen Wiener jüdischen Lebens revitalisiert. Jaques Le
Friedrich Stadler : Die Vertriebe Vernunft : Bd. 1 : Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft 1930–
1940, Bd. 2 : Kontinuität und Bruch. 1938–1945–1955, Wien : Verlag Jugend und Volk 1987/2004 ; Hel-
mut Kramer, Karin Liebhart, Friedrich Stadler (Hg.) : Österreichische Nation – Kultur – Exil und Wider-
stand. In memoriam Felix Kreissler, Wien : Lit Verlag 2006.
Harry Zohn : Amerikanische „Thirty-Eighters“ aus Wien als doppelte Kulturträger, Wiener Vorlesungen,
Bd. 28, Wien : Picus Verlag 1994.
Ebd.
Siehe dazu auch die Internationale Konferenz : „Exil – Glaube und Kultur. 1933–1945 : Der Tag wird
kommen (Lion Feuchtwanger)“, 7.–9. Mai 2009 an der Universität Wien ; zur Wiener Identität von
Exilierten vgl. Ruth E. Wolman : Crossing Over. An Oral History of Refugees from Hitler’s Reich, New York :
Twayne Publishers 1996
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519