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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Seite - 2 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Frank Stern · Barbara EichingerSteven Bell erst nach Hitler, nach der Shoah, gestellt wurde – im Nachhinein, als eine Art um- gekehrter Rassismus. Das Zitat von Ludwig Hirschfeld widerlegt diese Annahme eindeutig. Der Beitrag von Juden an der Wiener Kultur, an dem Wiener Wirtschafts- und Gesellschaftsleben war Tagesthema in Presse, Politik, Kunst und Wissenschaft der Zwischenkriegszeit. Dies wird schon in Publikationen der 1870er-Jahre deutlich und bereits ab 1880 ist das rassistische Schema „Juden gegen die Arier“ zu erkennen. Wie Hirschfeld andeutet, war diese Trennung aber nicht nur Thema der Antisemiten, sondern gezwungenermaßen auch der vielen akkulturierten Juden, Arthur Schnitzler miteingeschlossen. Die häufige Dementierung dieses Bewusstseins der „Judenfrage“ in der Geschichte der Zweiten Republik war und ist eine Verklärung der Vergangen- heit. Bis weit in die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts blieben die Aspekte jüdischen Lebens in der Zwischenkriegszeit wenig beachtet. Sie wurden als irrele- vant zurückgewiesen, höchstens als Ausdruck von antisemitischen Vorurteilen wahr- genommen, der nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Die jüdischen Personen, die in Wien wohnten und an Kultur und Gesellschaft teilnahmen, waren so hoch gebildet und „assimiliert“, dass sie von der Bevölkerung nicht mehr als „jüdisch“ wahrgenommen worden wären. So war nach 1945 die formelle ‚Baedeker‘-Version der österreichischen Kulturgeschichte der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts eine, die mehrheitlich über die jüdische Beteiligung schwieg. Sie schwieg nicht nur aus Angst, sich dem Nazi-Rassismus allzu sehr anzunähern, sondern auch, um den Mythos der neuen nationalen österreichischen Kultur nicht zu stören. Es war einfach zu „ungemütlich“, dieses „neue“ Österreich daran zu erinnern, dass ein großer Teil seines modernen kulturellen und intellektuellen Vermächtnisses von einer Gruppe erzeugt, finanziert und gefördert worden war, deren Mitglieder zwischen 1938 und 1945 entweder zur Flucht gezwungen oder ermordet wurden. Glücklicherweise hat in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Forschungen be- wiesen, dass Juden und Personen jüdischer Herkunft eine sehr große, eigentlich vor- herrschende Rolle in der modernen Kultur der Jahrhundertwende und auch, beson- ders, in der Zwischenkriegszeit gespielt haben. Was nicht im Baedeker steht ist wieder ins Zentrum der Forschung gerückt worden. Vgl. Ernst Gombrich, The Visual Arts in Vienna circa 1900, London 1997, S. 10, S. 24–28 ; auch „Ernst Gombrich : Niemand hat je gefragt, wer jetzt gerade ein Jude oder ein Nichtjude war“, ein Interview von Hermine Koebl, in : Gerhard Botz, I. Oxaal, M. Pollak, N. Scholz (Hg.), Eine zerstörte Kultur : Jüdisches Leben und Antisemitismus in Wien seit dem 19. Jahrhundert, 2. Aufl., Wien 2002, S. 85–94. Vgl. Arthur Schnitzler, Der Weg ins Freie, Frankfurt am Main 1978. Siehe Carl E. Schorske, Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de Siècle, München 1994. Siehe Steven Beller, Wien und die Juden, 1867–1938, Wien 1993.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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