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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Einleitung 1 Was nicht im Baedeker steht 1 keit“ wiederherstellen wollte – auch auf Kosten der Wahrheit des Vergangenen. Das Nachkriegsösterreich, das auch als „Insel der Seligen“ bezeichnet wurde, hatte seine Schattenseiten. Diese Insel war, wie schon in der griechischen Mythologie, ein Land von lustliebenden Phäakern, in dem Ruhestörer und die Kultur der Kritik, die vor- mals von Juden vertreten wurde, nicht erwünscht waren. Daher hat es Jahrzehnte gedauert, bis das jetzige Österreich und die Österreicher von heute eine echte und ehrliche Beziehung zur eigenen Vergangenheit erwerben konnten. Die österreichische Geschichte kann und darf nicht als einfache Nationalgeschichte gesehen werden. Die Juden Österreichs, wenn auch eine winzig kleine Gruppe, haben einen zentralen Platz in dieser Geschichte, eben weil sie so viele Tendenzen, Eigen- schaften und Probleme dieser Geschichte versinnbildlicht haben. Das Gesetz der aus- geschlossenen Mitte, wo Entscheidung das zentrale Prinzip ist, hat seinen Platz in der Logik der modernen Welt, aber es passt weder in die österreichische noch in die jüdi- sche Erfahrung in Zentraleuropa in den letzten zwei Jahrhunderten. Wenn – wie der von Ernst Gombrich beifällig zitierte – Serge Sabarsky fragt, ob Heinrich Heine, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Max Liebermann jüdische oder deutsche Künstler seien, gibt es keine Antwort, weil die Frage einfach falsch ist. Sie fordert eine klare Wahl, die überhaupt nicht bestand und nicht bestehen kann und die mindestens unnötig ist. Es ist unmöglich, die Identitäten von Menschen, besonders von zentraleuropäischen Juden, zu kategorisieren. Das Gesetz der ausgeschlossenen Mitte ist nicht tauglich. Stattdessen schlage ich vor, das Gesetz der eingeschlossenen Mitte anzunehmen und zu verwenden. Dieses ist die Logik der Verbindung, der Verhältnisse und der Vermitt- lung, und sie passt, meiner Ansicht nach, in die österreichisch-jüdische Erfahrung – in eine Welt, wo so viele Menschen Wurzeln und Loyalitäten zu mehreren Gruppen und mehreren Traditionen haben. Das Problem bestand nicht in der Vielfalt dieser Ver- bindungen, sondern in der Logik, die nach einer Entscheidung verlangte. Doch dieses „Sich Entscheiden“ ist nur in einer tragischen Welt eine Notwendigkeit, und wenn es konsequent gedacht wird, resultieren daraus nur Tragödien. Besser ist es, in einer komischen Welt leben zu dürfen, etwa der Welt der Operette, wo Verhältnisse und Verbindungen – und auch die Ehe als Ziel des Glückes – die Hauptformen sind. Die Frage „Ist er ein Jud ?“ wird nur dann problematisch, wenn diese Frage als ab- wertend oder sogar ausschließend verstanden wird. In der Zeit zwischen 1938 und 1945 wurde es eine Frage von Leben oder Tod. Wer die Frage aber positiv stellt, im Geist der Achtung der Differenz, im Versuch, den anderen zu verstehen und seinen Siehe Konrad Paul Liessmann, „Topoi“, in : Emil Brix, Ernst Bruckmüller und Hannes Stekl (Hg.), Memoria Austriae I : Menschen, Mythen, Zeiten, Wien 2004, S. 213–214. Siehe Gombrich, The Visual Arts in Vienna circa 1900, S. 10.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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