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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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0 Albert Lichtblau Von den 27 Beschreibungen antisemitischer Gewalt spielten sich zehn an den Univer- sitäten ab, aber auch die Schulen waren Ort der Gewalterfahrung. Der 1919 geborene Ernst B. beschreibt, wie präsent der Antisemitismus für ihn als junger Mensch war : „[…] I felt surrounded by anti-Semitism as a child and young person. Sometimes walked to school I found myself surrounded by a bunch of boys who insulted and hit me. When I defended myself the same kid would yell : ‘The Jew is hitting me Mom !‘ Anti-Semitism was such a hot topic that people mostly avoided talking about it. I know I was deeply hurt by it.“ Antisemitismus und Akkulturation Der Antisemitismus beeinflusste das Leben der jüdischen Bevölkerung Wiens seit den 1880er-Jahren einschneidend, dem Problem war nicht zu entkommen. Die Ne- gativierung des Blickes auf das Jüdische schrieb sich in Identitäten ein, etwa auf das Körperbewusstsein. Wenn von Selbststigmatisierung und Internalisierung von Vor- urteilen gesprochen wird, dann hatte dies mit einem konkreten Erfahrungshinter- grund zu tun. Bei verbalen Angriffen und körperlichen Übergriffen gingen Antisemi- ten sehr oft ziellos vor. In ihrem Aggressionsschub reichte es, dass sie dem Aussehen oder Namen nach eine Person für jüdisch hielten, wobei sich oftmals herausstellte, dass sie es nicht war. Daher wundert es nicht, dass in Erhebungen mit Überleben- den immer wieder erwähnt wurde, dass die Befragten nichtjüdisch aussahen und sie deswegen keine antisemitischen Erfahrungen machten. Die Antwort von Fred H., der 1915 geboren wurde, gibt es in etlichen ähnlichen Abwandlungen : „With our German-sounding last name H. […], my siblings and I, blue eyed and blond, did not encounter any anti-Semitism before March 1938.“ 9 Dahinter stand noch eine ganze Palette an Verhaltensmaßregeln, um ja nicht als jüdisch zu gelten oder aufzu- fallen. Das reichte vom Nicht-laut-Reden [um nicht dem Klischee „Da geht’s ja zu wie in einer Judenschul’“ zu entsprechen] bis zum Nicht-Herumfuchteln mit den Armen, dem Vermeiden von jiddischen Lehnwörtern, den Versuchen, Gegenbeweise zu antijüdischen Klischees zu liefern – wie jenem der Faulheit, Machtsüchtigkeit, Hinterhältigkeit, Aufdringlichkeit, des Nachäffens anderer oder dem Verschlagenen. Anpassung und Unauffällig-Sein waren Strategien, um den drohenden Konflikten aus Austrian Heritage Collection, LBI New York, Second Questionnaire. Vgl. z. B. Kurt Bauer, „,… jüdisch aussehende Passanten“. Nationalsozialistische Gewalt und sozial- demokratische Gegengewalt in Wien 1932/33“, in : Das Jüdische Echo. Zeitschrift für Kultur und Politik, 54/2005, S. 125–139. Austrian Heritage Collection, LBI New York, Second Questionnaire.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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