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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Seite - 51 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Antisemitismus 1900–1938 1 dem Weg zu gehen. Deswegen waren die Schulen und Universitäten Hauptorte anti- semitischer Erfahrungen, da es dort für junge Juden und Jüdinnen kein Entkommen vor einer immer wiederkehrenden Begegnung mit antisemitisch Gesinnten gab. Eine weitere Antwort aus der Fragebogenerhebung stammt von Frederick W., 1915 geboren. Seine Reaktion ist außergewöhnlich, da er einer der wenigen ist, die von einem nichtjüdischen Aussehen nicht auf geringe antisemitische Erfahrungen schlie- ßen. Zur Antisemitismus-Frage schrieb er : „Of course we did […]. We did not look especially Jewish and did not do things to point to ourselves as Jews. At most times we kept to ourselves.“ 0 Wichtig an dieser Antwort ist der Verweis, dass die vom Antisemitismus ausgehende Isolation zum Rückzug ins Private führte. Die Besinnung auf Familiennetzwerke und einen jüdischen Freundschaftskreis gehörten zu den Ver- suchen, dem Antisemitismus auszuweichen. Es kann kein Zufall sein, dass bei der Befragung in Israel knapp 87 Prozent der Befragten antworteten, dass ihre Freunde in Österreich „alle“ bzw. „meist“ jüdisch gewesen seien. Bei den in den usa Befragten war der entsprechende Prozentsatz mit ca. 65 Prozent zwar geringer, aber das wider- spricht dem Befund der sozialen Isolation keineswegs. Der Antisemitismus wurde für jene, die der jüdischen Religion indifferent gegen- überstanden, zu einer negativen Folie ihrer jüdischen Zugehörigkeitsgefühle, das Jü- dische wurde sozusagen von außen aufgedrängt. Der Zionismus hätte zu einer säkula- ren Alternative im Sinne einer positiven jüdischen Identität werden können. Aber da nur wenige für sich tatsächlich eine Perspektive in einer Auswanderung nach Palästina sahen, verfing sich die jüdisch-nationale Option in der Ambivalenz zwischen einem Österreich-bezogenen Patriotismus und der fern scheinenden Utopie eines jüdischen Nationalstaates. Dass die paramilitärische Organisation „Bund jüdischer Frontsoldaten“ nach sei- ner Gründung 1932 innerhalb kurzer Zeit zur größten jüdischen Organisation (1934 : 8.000 Mitglieder) werden konnte, ist ein Indiz dafür, dass die Militarisierung der Ge- sellschaft auch innerhalb der jüdischen Bevölkerung stattfand. Es galt, sich gegen die immer stärker werdenden Übergriffe zu wehren. Überhaupt war die Rolle des „Mus- keljudentums“ im Sinne einer körperlich fitten Jugend rund um den 1909 gegründe- ten Allroundsportklub Hakoah ein wichtiges identitätsbildendes Instrumentarium. Die sportlichen Erfolge führten einerseits das Klischee vom „schwachen Juden“ ad absurdum und ermöglichten andererseits einen von Religion unabhängigen positiven 0 Austrian Heritage Collection, LBI New York, Second Questionnaire. Christian Haerpfer, Israelische Bürger österreichischer Herkunft, Variablenliste. Häufigkeitstabelle, Wien 1990 (unveröff. Typoskript), S. 46. Klaus Hödl, Wiener Juden – jüdische Wiener. Identität, Gedächtnis und Performanz im 19. Jahrhundert (Schriften des Centrums für Jüdische Studien 9), Innsbruck, Wien, Bozen 2006, S. 15ff.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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