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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Seite - 52 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Albert Lichtblau Bezug zur jüdischen Herkunft. Mit dem Erfolg der Fußballmannschaft – sie wurde in der Saison 1924/5 österreichischer Meister – punktete Hakoah im Kernbereich der Wiener und österreichischen Alltagskultur. Selbstbehauptung, Stolz und „Wehrhaf- tes“ Auftreten gehörten nicht nur zu einer jüdisch-nationalen Einstellung, sondern waren angesichts der kommunikativen Kälte gegenüber der jüdischen Bevölkerung eine die politischen Gruppierungen übergreifende Reaktion auf den Antisemitismus. Selbstwehr und Selbsthilfe wurden immer wichtiger, da die rechtsstaatlichen Mittel im Kampf gegen den Antisemitismus beschränkt waren. Es ist kein Zufall, dass die Sportbegeisterten der Hakoah immer wieder antisemitischen Angriffen ausgesetzt wa- ren. Ob die hohe Taufrate in Wien Ausdruck der antisemitischen Stimmung war, müsste im Einzelfall geklärt werden. Jene, die sich religiös schon ungebunden fühl- ten, sahen vermutlich wenig Sinn, sich und ihre Familie den Antisemiten auszusetzen. Eine Taufe sollte den Kindern „den Lebensweg […] erleichtern“. Der Anstieg der sogenannten Mischehen ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die vom Antisemitis- mus herbeigeredeten Barrieren zwischen jüdischer und nichtjüdischer Bevölkerung im Alltag immer poröser wurden. Ein heikler Punkt ist die innerjüdische Spaltung, die verschiedene Ursachen hatte. Dass die unterschiedlich religiös und politisch Orientierten einander distanziert und feindlich gegenüberstanden, ist plausibel. Aber die negativen Bilder vom „Osten“, die mit einer Palette kulturell arroganter und somit abwertender Vorstellungen ver- bunden waren, gehörten nicht nur zum antisemitischen Repertoire an Stereotypie, sondern auch zu jenem der sich westlich fühlenden Wiener Juden und Jüdinnen. In dieser Hinsicht kann durchaus von einem jüdischen Antisemitismus gesprochen werden. Ein Beispiel dafür sind die Angriffe der liberalen „Union österreichischer Juden“ auf die zionistischen Kontrahenten, nachdem die Union die Majorität in der Israelitischen Kultusgemeinde verloren hatte. Eine Aktennotiz des Generalsekretärs der Vaterländischen Front vom 29. Jänner 1935 beschreibt die Ostjudenfeindschaft eines Union-Funktionärs : „Bemerkenswert war ein Besuch des Regierungsrates Dr. Max Lenk von der Union österreichischer Juden am 12. d.M. Er schilderte den un- überbrückbaren Gegensatz zwischen Assimilanten und zionistischen Ostjuden. Seine Urteile über die Ostjuden könnten ebenso gut von einem Antisemiten stammen. Die bodenständigen und aus Böhmen, Mähren und Schlesien stammenden Juden Michael John. „Antisemitism in Austrian Sports between the Wars“, in : Michael Brenner, Gideon Reu- veni (Hg.), Emancipation through Muscles. Jews and Sports in Europe, Lincoln, London 2006, S. 119– 141. Leo Goldhammer, Die Juden Wiens. Eine statistische Studie, Wien, Leipzig 1927, S. 7 ; Peter Honigmann, „Die Austritte aus dem Judentum in Wien 1868–1944“, in : Zeitgeschichte, 15/12, 1988, S. 452–466.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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