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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 65 -
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Seite - 65 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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„Hinaus mit den Juden !“ nicht nur dieser Zeitung widerspiegelt, parodieren will, geht aus einer publizierten Selbstanzeige im Juli 1922 eindeutig hervor. In einem lustigen, frivolen – aus heutiger Sicht naiv-verharmlosendem Ton – erklärt der Autor, wie er zu seinem „Thema des Tages“ gekommen ist. Es fängt gleich bei den öffentlichen Bedürfnisanstalten an : „Als ich einmal einen jener Orte aufsuchte, an denen man sich nicht länger aufzuhalten pflegt, als unbedingt notwendig ist, sah ich nebst anderen erbaulichen Inschriften auf den Wänden auch mehrfach die kategorische Aufforderung prangen : Hinaus mit den Juden ! Dieser Sehnsuchtsschrei eines sicher sonst ganz braven Mannes, den man ja auch in den Plakaten unter dem lieblichen Hakenkreuz findet, auf der Elektrischen oft genug hört und als christlich teutonisches Sanierungsprogramm in den ,Wiener Stim- men‘ liest, regte meine Phantasie zu spielerischen Gedanken darüber an, wie dieses Wien sich wohl entwickeln würde, wenn die Juden tatsächlich einmal der höflichen Aufforderung folgten und die Stadt verließen.“ Einen höheren Anspruch stellt er an seinen Text nicht. Er habe „ein ganz amüsan- tes Romänchen hingehaut“, „ein amüsantes Buch geschrieben, das in einer durch eine harmlose Romanhandlung zusammengehaltenen Skizzenreihe ein kinematographi- sches Bild des Wiens zeigt, wie es ohne Juden aussehen würde“. Bettauer gibt sich vorurteilslos. Zeugnisse von einer allfälligen „jüdischen Identität“ findet man sonst bei ihm, der im Alter von neunzehn Jahren zum Protestantismus übertritt, nicht. Er ist akkulturierter Jude, befindet aber, dass ein Wien ohne Juden undenkbar ist. Die Großstadt Wien im Besonderen braucht sie – und hierauf folgt die Provokation, die in seinem Roman überdeutlich zum Vorschein kommt. Ohne sie fehle der Stadt „je- der großzügige Erwerbsgeist“, „jeder Weltgeist“, ja insgesamt Eigenschaften „die der Jude […] im höchsten Grade hat“. Dass Bettauer den Verein, der im Untergrund an dem Fall des Antijudengesetzes arbeitet, „Bund der wahrhaftigen Christen“ nennt, ist im Lichte der zitierten Berichte aus der Reichspost lediglich eine zusätzliche Provoka- tion. Nicht weniger seine Zeichnung der Juden. Der Weg zum Film Hugo Bettauer, geboren 1872, war im Wien der frühen Zwanzigerjahre ein viel ge- lesener, aber nicht überall gern gesehener Journalist und ein sehr produktiver Ro- manschriftsteller. Einige seiner Fortsetzungsromane, wie etwa Der Kampf um Wien Die Börse, 3. Jg., Nr. 28, Wien, 13. Juli 1922, S. 16. Ebd.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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