Seite - 107 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt 10
die 1932 die Mehrheit in der Kultusgemeinde erreicht hatten, nach heftiger Kritik der
Wahrheit an der zionistischen Führung 1936 beschlossen, die amtlichen Mitteilungen
nicht mehr in der Wahrheit zu publizieren.
In ideologischer Hinsicht vertrat die Wahrheit die Weltanschauung der Union und
lehnte den politischen Zionismus ab. Sie befürwortete aber beispielsweise den 15.
Zionistischen Weltkongress und begrüßte den Zionismus im Allgemeinen, nationa-
listische und politische Strömungen lehnte sie jedoch ab, was einer Ablehnung des
Zionistischen Weltkongresses gleichkam. Sie berichtete auch immer ausführlich
über soziale und kulturelle Ereignisse in Palästina/Erez Israel. Die österreichische In-
nenpolitik betreffend sind vor allem die Berichte von 1934 interessant. Die Wahrheit
arrangierte sich mit dem neuen Regime, betonte ihre Vaterlandsliebe und verurteilte
die Sozialdemokratie. In den Dreißigerjahren veröffentlichte sie die Kolumne „Aus
der braunen Hölle“ mit Nachrichten aus ns-Deutschland. Die letzte Ausgabe der
Wahrheit erschien am 11. 3. 1938 mit einem Aufruf von Kurt Schuschnigg zur Volks-
abstimmung mit der Titelzeile „Front-Heil“ .
Jüdische Korrespondenz und Jüdische Presse
Die Jüdische Korrespondenz erschien ab 12. August 1915 in Wien als Wochenzeitung
und wurde vom Autor und Regierungsbeamten Jonas Kreppel herausgegeben. Am
8. Oktober 1920 erschien die letzte Ausgabe. Mit 15. Oktober 1920 wurde die Jüdi-
sche Korrespondenz in die Jüdische Presse integriert, die von 1920 bis 1938 unter dem
Titel Jüdische Presse. Organ für die Interessen des orthodoxen Judentums erschien. Als
Redaktions- und Erscheinungsort fungierten Wien und Bratislava. Dies verdeutlicht
das Selbstverständnis der Herausgeber, die Interessen der Orthodoxie bzw. der „Agu-
das Jisroel“ in Österreich und in der Tschechoslowakei zu vertreten, wie sie in der
ersten Ausgabe erläuterten. Einer der bedeutendsten Herausgeber war Joel Pollak.
Die Jüdische Presse erschien auf Deutsch und hatte einen Umfang von vier bis acht
Seiten. Sie war antizionistisch und stand dem Vorstand der ikg ablehnend gegenüber,
was in der Zeitung immer deutlich zum Ausdruck kam. Diese Ablehnung verstärkte
sich, als die Zionisten 1932 die Mehrheit im Vorstand errangen. Eine Vorreiterrolle
im Kampf gegen die Kultusgemeinde nahm die orthodoxe Schiffschul (ungarische
Orthodoxie) ein, die im November 1934 bei der österreichischen Regierung um die
Die Wahrheit, 26.8.1927, S. 1.
Die Wahrheit, 11.3.1938, S. 1.
Die Jüdische Presse, 15.10.1920, S. 1.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519