Seite - 116 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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11 Marcus G. Patka
B’nai B’rith-Logen und in der Freimaurerei die „nicht regulären“ gemischten Logen
des „Droit Humain“.) Der Unterschied liegt jedoch darin, dass die B’nai B’rith nur
jüdische Mitglieder akzeptiert, wohingegen nach ihrem universalistischen Ideal die
Freimaurerei (zumindest theoretisch) Männern aller Religionen offen steht und sie
sich mit symbolhafter Esoterik auf christlich-jüdischer Basis beschäftigt. Ein weiterer
Unterschied besteht darin, dass die B’nai B’rith, aus Amerika kommend, bis zum
Zweiten Weltkrieg nur in Europa und Palästina Anhänger gefunden hatte, doch dies
ohne dass es zu Abspaltungen oder einer parallelen Konkurrenzorganisation gekom-
men wäre. In der wesentlich älteren und sich vergleichsweise weltweiten Freimaurerei
war es jedoch Ende des neunzehnten Jahrhunderts zu einer Art Schisma zwischen der
esoterisch orientierten United Grand Lodge of England und dem politisch aktiven
Grand Orient de France gekommen. Tatsächlich gab es vor und nach dem Ersten
Weltkrieg in jedem europäischen Land eine individuelle Freimaurerei mit zahlrei-
chen Abgrenzungen untereinander. So gab es so gut wie keine Kontakte zwischen
deutschen und französischen Logen, nach den Verträgen von Versailles waren etwa
vier Fünftel der deutschen Freimaurer, die zudem in mehrere Großlogen gespalten
waren, politisch im rechtskonservativ-nationalen Lager, die Aufnahme von Juden war
höchst umstritten, ebenso eine Doppelmitgliedschaft in einer B’nai B’rith und einer
masonischen Loge. In Österreich hingegen war die Freimaurerei bis 1918 verboten,
die Mitglieder der vierundzwanzig Logen der Großloge von Wien waren bis zu 80 %
jüdischer Herkunft, der Doppelmitgliedschaft wurde 1919 nach „lebhafter Diskus-
sion“ zugestimmt. Ein Naheverhältnis zwischen B’nai B’rith und Freimaurerei gab
es jedoch auch hier nicht.
Jacob Katz, Jews and Freemasons in Europe 1723–1939, Cambridge, Mass. 1970 ; Ralf Melzer, Konflikt
und Anpassung. Freimaurerei in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“ , Wien 1999 ; Stefan-Lud-
wig Hofmann, Die Politik der Geselligkeit. Freimaurerlogen in der deutschen Bürgergesellschaft 1840–1918
(Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 141), Göttingen 2000 ; Helmut Neuberger, Winkelmaß
und Hakenkreuz. Die Freimaurer und das Hakenkreuz, München 2001.
„Rundschau. Inland. Die Großloge von Wien und die Vereinigung der B’nai B’rith“, in : Wiener Frei-
maurer-Zeitung 1–3/1919, S. 31.
Bislang gibt es keine Überblicksdarstellung zur Freimaurerei zwischen 1918 und 1938, einige Ansätze
finden sich in : Gustav Kuéss, Bernhard Scheichelbauer, 200 Jahre Freimaurerei in Österreich, Wien 1959 ;
Rainer Hubert, „Die österreichische Freimaurerei 1918–1938“, in : Der kurze Traum 1918–1938, Öster-
reichisches Freimaurermuseum Schloss Rosenau 1988, S. 9–22 ; Dieter A. Binder, Die diskrete Gesell-
schaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer, Wien u. a. 1988 ; Josef Sura, Der Einfluß der Freimaurer
auf karitative und sozialpolitische Einrichtungen im Österreich der Zwischenkriegszeit, Wien (Diss.) 1990 ;
Alexander Giese, Die Freimaurer. Eine Einführung, Wien, Köln, Weimar 1997. Helmut Reinalter, Die
Freimaurer, München 2000. Reinhard Lamer, Freimaurerei in Österreich. Weg und Schicksal der ‚König-
lichen Kunst‘, 1742–2001, Innsbruck, Wien 2001.
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519