Seite - 117 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Bild der Seite - 117 -
Text der Seite - 117 -
Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich 11
Zur B’nai B’rith in Österreich
„In richtiger Erkenntnis der herrschen-
den Verhältnisse bemüht sich der Bund,
der wirtschaftlichen Not, der Proletari-
sierung unter den Juden entgegenzu-
arbeiten, die Jugend dem verderblichen
Einflusse der Straße zu entziehen, ihr
Lust und Liebe zum Handwerke, zum
Ackerbau, einzuflößen ; bestrebt er sich,
neue Berufszweige zu eröffnen, dem Wil-
ligen Arbeit zu verschaffen, den gewohn-
heitsmäßigen Bettel zu unterdrücken,
den schimpflichen Mädchenhandel im
Osten zu bekämpfen und last not least
unsere sozial hochstehenden Glaubens-
genossen an ihre Pflicht gegen die ange-
stammte Väterreligion zu erinnern.
Wer solches unternimmt, muß wohl
vorher das große Wort beherzigen, das einst die Griechen über ihren Tempel zu Del-
phi geschrieben, das Wort. ‚Erkenne dich selbst !‘
Wie selten aber unterziehen sich die Menschen dieser Mühe ! Viel lieber üben sie
Kritik an anderen und doch hat niemand im Leben eine schlechte Rolle gespielt, der
sich selbst richtig einschätzte, und niemand eine gute, dem diese Kenntnis abging.
Selbsterkenntnis ist darum eine Basis, auf der wir B’nai B’rith unsere eigene Erzie-
hung weiter bauen ; Überhebung, Unbescheidenheit liegt uns fern, und Vorleben,
nicht Vordozieren, ist das Mittel, womit wir auf unsere Nebenmenschen erziehlich
einzuwirken suchen. Worte sind Zwerge, Beispiele aber Riesen. Das gute Beispiel
bedarf keiner Worte, es redet durch sich selbst die eindringlichste und wirksamste
Sprache.“ Mit diesen Worten charakterisiert Alexander Hecht 1914 das Wesen der
B’nai B’rith („Söhne des Bundes“). Der jüdische Orden hat sich am 13. Oktober 1843
in New York nach dem Vorbild der Odd Fellows- und Freimaurerlogen konstituiert,
seine Gründer sind aus Deutschland eingewanderte Juden mit dem Hamburger Ma-
schinenbauer Henry Jones an der Spitze. Einige davon waren auch Freimaurer, daher
existiert die Hypothese, die Gründung sei erfolgt, weil Juden in vielen deutschen
Alexander Hecht : Der Bund B’nai B’rith und seine Bedeutung für das Judentum, Wien, Israelitischer Hu-
manitätsverein „Eintracht“ 1914, S. 22–23. Abb. 1: Das Ex Libris der B’nai B’rith-Bibliothek
mit dem Konterfei ihres Gründers Wilhelm Knöpf-
macher. Aus : BBMÖ
zurück zum
Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519