Seite - 119 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Bild der Seite - 119 -
Text der Seite - 119 -
Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich 11
der Maler Jehuda Epstein – und natürlich Sigmund Freud, um nur einige wenige zu
nennen.
Der Sitz der Großloge war in der Universitätsstraße 4. Über die Tätigkeit des Ver-
bandes Israelitischer Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich bis zu seiner Zer-
schlagung 1938 wäre weit mehr zu sagen, als sich hier die Gelegenheit bietet. Doch
die Quellen hierzu sind nur schwer zugänglich, denn der Vereinsnachlass liegt heute
ebenso wie der der Freimaurer-Großloge im Moskauer Sonderarchiv. An gedruckten
Quellen kann auf von 1898 bis 1914 erschienenen Vierteljahresberichte für die Mitglie-
der der österreichischen israelitischen Humanitätsvereine „B’nai B’rith“ (herausgegeben
von Hofrat Salomon Ehrmann) und die von 1924 bis 1938 monatlich erschiene-
nen B’nai B’rith Mitteilungen für Österreich (bbmö, herausgegeben von Dr. Arnold
Ascher) verwiesen werden. Einige Zitate hieraus können Einblick in Diskussionspro-
zesse geben. So meinte der Großpräsident Rumäniens Dr. Niemirower bei der zweiten
Tagung der außeramerikanischen Distrikte in Wien am 5. Dezember 1926, bei der
es generell Aufrufe zur Völkerversöhnung gab, zur Lösung innerjüdischer Konflikte :
„Diese hohe, aber schwierige Aufgabe in unsren Tagen kann am besten unser Orden
B’nai B’rith vollbringen ; denn derselbe ist eine Schule des jüdischen Idealismus, ohne
an ein bestimmtes, religiöses, soziales und politisches Programm gebunden zu sein,
und umfaßt Vertreter aller Richtungen im Judentume. Unser Orden erzieht seine
Mitglieder zur Versöhnlichkeit, zur ‚Feindesliebe‘ im Sinne der Respektierung der
Überzeugung des Gegners.“9
Ausführlich und differenziert über den Zionismus äußerte sich Großpräsident Dr.
Edmund Kohn anlässlich seiner Wahl am 19. März 1927 : „Der Zionismus von heute
ist nicht der religiöse, sondern der politische Zionismus. Ich persönlich bin ein Geg-
ner jeder nationalen Bewegung, also auch der jüdischnationalen, was mich aber nicht
hindert, vielen Anhängern dieser Partei nicht bloß in diesen Räumen, sondern auch
draußen im Leben ein aufrichtiger Freund zu sein, viele auch hochzuschätzen, was
mich auch nicht hindert, das für das Judentum Gute, das sie geschaffen, rückhalt-
los anzuerkennen. Vollständig davon zu trennen ist der von der zionistischen Partei
begonnene und unter den besten Auspizien fortgesetzte Wiederaufbau des heiligen
Susanne Winkler, Das Protokoll der B’nai B’rith Loge Wahrheit 1928–1933. Ein Beitrag zum Judentum in
Wien, Wien (Dipl.) 1994. Robert Hecht, „B’nai B’rith“ in Graz. Zur Sozialgeschichte des Grazer jüdischen
Bürgertums in der Zwischenkriegszeit, Graz (Dipl.) 2002. Wilhelm Knöpfmacher, Entstehungsgeschichte
und Chronik der Vereinigung „WIEN“ B’nai B’rith in Wien 1895–1935,Wien 1935 ; Salomon Frankfurter,
Der Bund „B’nai B’rith“, Wien 1935. Katerina Capková, „Jewish Elites in the Ninteenth and Twentieth
Centuries“, in : Judaica Bohemiae 36/2000, S. 119–142.
„Die Tagung der Arbeitsgemeinschaft in Wien“, in : B’nai B’rith Mitteilungen für Österreich 1/1927,
S. 10.
zurück zum
Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519