Seite - 124 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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1 Marcus G. Patka
Da sie bereits vor 1914 in einer be-
haglichen Illegalität (nicht „erlaubt“,
aber „geduldet“) gelebt hatten und sich
ab 1869 in „Grenzlogen“ organisierten,
konnten ihnen die Zwangsmaßnahmen
des Krieges nicht viel anhaben. Die
Großloge von Wien (GLvW) wurde
im Dezember 1918 gegründet und war
französisch orientiert. Vor dem Krieg
standen etliche Vertreter des Liberalis-
mus wie Ernst Viktor Zenker aber auch
der 1913 ermordete „Volkstribun von
Ottakring“ Franz Schuhmeier in ihren
Reihen. In der Zwischenkriegszeit waren
es mit Ferdinand Hanusch und Julius
Tandler sowie den Medizinern Victor
Hammerschlag und Karl Josef Friedjung
und den Publizisten Ludwig Brügel,
Fritz Brügel, Oskar Trebitsch und Julius
Armin Wilhelm einige bedeutende Ver-
treter der Sozialdemokratie. Auch Alfred
Adler, Begründer der Individualpsycho-
logie, fand hier für einige Zeit einen
Erfüllungsgehilfen. Der Großteil der Mitglieder rekrutierte sich aus Vertretern des
Wirtschaftslebens, der Ärzteschaft, der Jurisprudenz und Künstlern. Hierbei han-
delte es sich etwa um die Schriftsteller Felix Salten und Ernst Lothar, den Kabaret-
tisten Fritz Grünbaum, den Dramaturgen Heinrich Glücksmann, den Solocellisten
Friedrich Buxbaum, die Komponisten Edmund Eysler, Leo Fall, Oskar Jascha, die
bildenden Künstler Siegfried Charoux, Karl Gelles, Remigius Geyling, Rudolf Huber-
Wiesenthal und Carl Zewy, den Biologen Paul Kammerer, den Nationalökonomen
Friedrich Otto Hertz – um nur einige Namen Prominenter zu nennen. Von den
Journalisten waren Carl Colbert (Herausgeber des Abend), Heinrich Eduard Jacob
(Korrespondent des Berliner Tageblatts in Wien), Maximilian Schreier (Herausgeber
und Chefredakteur der Wochenzeitung Der Morgen – Wiener Montagsblatt), Eugen
Lennhoff (Mitherausgeber der Wiener Freimaurer-Zeitung von 1923 bis 1934) und
Stefan Großmann (Arbeiter-Zeitung) vertreten. Vor allem in der Zeitschrift Die Wage
kamen vielfach Freimaurer wie Rudolf Lothar Spitzer, Rudolf Strauß, Ludwig Karell
und vor allem Ernst Viktor Zenker zu Wort. Auch etliche Journalisten der Neuen
Abb. 4: Der sozialdemokratische Mediziner und
Wiener Gemeinderat Victor Hammerschlag (1870–
1943) war in der Zwischenkriegszeit eine führende
Persönlichkeit der Großloge von Wien. Aus : ÖNB-
Bildarchiv
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519