Seite - 128 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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1 Marcus G. Patka
hält […] zu dem genannten Verein B’nai B’rith keinerlei Verbindung und hat auch
mit diesem Verein niemals die erwähnte oder eine andere ‚Vereinbarung‘ getroffen.“
Der einzige direkte Kontakt bildete ab 1928 die Verwendung eines Tempelraums in
Graz durch die dortige B’nai B’rith Loge „Graz“ und die masonische Loge „Wolfgang
Amadeus Mozart“ (als Untermieter), was aufgrund von Doppelmitgliedschaften zu-
stande kam.
Da die B’nai B’rith im Heigl-Pamphlet tatsächlich nur am Rande erwähnt wird,
gibt es in den bbmö keinen Kommentar dazu. Doch auch hier finden sich keinerlei
Hinweise auf Kontakte zur GLvW. So heißt es in einem Protokoll von 1929, in dem
es um geplante Friedensaktionen geht : „Aus einer Freimaurerzeitung, die er zufällig
in die Hand bekommen, habe er ersehen, daß man sich auch in diesem Kreise mit
der Friedensfrage beschäftige, und darum habe er mit Br. Len[n]hoff, der diese Zei-
tung herausgebe, Rücksprache gepflogen, um sich über den Stand der dort geführten
Aktionen zu informieren. Da er den Anschein vermeiden wollte, daß die Aktion von
jüdischer Seite eingeleitet sei, habe er sich durch Vermittlung des Br. Frankfurter, der
dem Vorstande der Völkerbund-Liga angehöre, an diesen gewendet und eine Unterre-
dung mit dem Vorstand, dem ehemaligen Gesandten Dumba, gehabt. Leider aber mit
negativem Erfolg. Dieser hat erklärt, es sei eine Unmöglichkeit, in Österreich bei den
verschiedenen Vereinen ein einiges Vorgehen zu erzielen.“ Dem sei hinzugefügt, dass
die Völkerbundliga zwar von der GLvW unterstützt wurde, dass Constantin Dumba
aber kein Freimaurer war und der Vorstand der Völkerbundliga sich vornehmlich aus
Persönlichkeiten des konservativ-katholischen Lagers zusammensetzte.
Über die Gründe der Animositäten zwischen B’nai B’rith und Freimaurerei wurde
auch bei der Arbeitsgemeinschaft der außeramerikanischen Distrikte am 11. Dezem-
ber 1932 gesprochen, wobei es um Logengründungen im ehemals ungarischen und
jetzt rumänischen Siebenbürgen ging. Hierbei äußerte der Berliner Oberrabbiner Leo
Baeck in seiner Funktion als Großpräsident der deutschen B’nai B’rith-Großloge :
„Erschwert wird die Gründung durch den Umstand, daß die besseren Juden Ungarns
größtenteils dem Freimaurerorden angehören. Die Freimaurer haben es nicht gern ge-
sehen, weil viele Neugründungen mit Austritten aus dem Freimaurerorden verbunden
waren. Die Logen sind größtenteils aus Freimaurerorden entstanden, die dort ausge-
„Allgemeine freimaurerische Rundschau. Wien. Zur Abwehr !“, in : Wiener Freimaurer-Zeitung 2/1927,
S. 40.
„B’nai B’rith, Unabhängiger Orden (U.O.B.B.)“, in : Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter Binder
(Hg.), Internationales Freimaurerlexikon (erweiterte Neuauflage), München 2000 S. 139–140.
„Protokoll über die Samstag, den 23. November, und Sonntag, den 24. November 1929, in Wien, IX.,
Universitätsstraße 4, stattgehabte VIII. Tagung des Verbandes der israelitischen Humanitätsvereine B’nai
B’rith für Österreich“ in : B’nai B’rith Mitteilungen für Österreich 10/1929, S. 373.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519