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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 145 -
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Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien 1 Talmud-Thora-Schule war eine von der jüdischen Gemeinde unterhaltene, aber auch von ihr kontrollierte kommunale Einrichtung für Knaben unbemittelter Eltern. Die Talmud-Thora-Schule war im allgemeinen effizienter, weil der Melammed – dieses hebräische Wort für Lehrer hat sich neben dem Wort Rebbe als Berufsbe- zeichnung eingebürgert – nicht von den Eltern abhängig war und daher strenger und systematischer vorgehen konnte. Die Gegenstände des Unterrichts waren Lesen und Schreiben, die Gebete und die Thora. Der Unterricht wurde in der Muttersprache der Kinder, d. h. auf Jiddisch, gehalten. Da Jiddisch gleichfalls mit hebräischen Lettern geschrieben wird, lernten die Kinder gleichzeitig hebräisch lesen und schreiben. Die Kinder wurden üblicherweise in drei Altersgruppen eingeteilt, und zwar von drei bis fünf, sechs und sieben sowie acht bis dreizehn Jahren. Während abwechselnd zwei Klassen Aufgaben machten und ohne Betreuung durch den Lehrer lernten, erhielt die dritte Klasse Unterricht. Die Thora wurde oft mit dem Kommentar von Raschi unterrichtet, wobei dieser manchmal ausführlicher als der Text der Heiligen Schrift selber behandelt wurde. Das Ziel des Unterrichtes war, die Kinder möglichst schnell zum Studium des Tal- muds zu führen. Deshalb wurde die Thora nur oberflächlich behandelt, hauptsächlich zum Studium der hebräischen Sprache. Die Propheten und Schriften der Bibel wur- den fast vollkommen ignoriert, die Mischna als eigener Unterrichtsgegenstand wurde in Galizien des Öfteren weggelassen. Im Alter von neun bis zehn Jahren wurde mit dem Talmud begonnen. Die Schulpflicht endete mit dreizehn bis vierzehn Jahren. Der Grund für die Auswahl des Lehrstoffes ist in der einseitigen Beschäftigung des Großteils der Orthodoxie mit der Halacha, d. h. mit den Gesetzen und Vorschrif- ten einer religiös richtigen Lebensführung, zu sehen. Diese beruhen auf den in der Thora verzeichneten Gesetzen und dem Talmud sowie auf den von diesen abgeleiteten rabbinischen Entscheidungen. Die Thora gilt als die schriftliche Überlieferung, der Talmud hingegen als die mündliche Überlieferung. Beide, sowohl die schriftliche als auch die mündliche Überlieferung, wurde nach orthodoxer Ansicht Moses am Berg Sinai offenbart. Von einem Cheder-Unterricht in Wien des Vormärzes ist nichts Konkretes bekannt. Es ist anzunehmen, dass es diese Form des Unterrichtes nicht gab und dass diese Schul- form erst in Kreisen der nach 1848 eingewanderten orthodoxen Juden entstand und sich auch eine Zeit lang gehalten hat. Einen Hinweis dafür bietet Kopel Blum, der über einen Erlass des Kultusministers vom 31. März 1858 berichtet, in dem einerseits vorgeschlagen wird, die „Winkelschulen“ aufzuheben, aber gleichzeitig gefordert wird, dass die Kultusgemeinde für den religiösen Unterricht der „Altgläubigen“ Vorsorge treffen möge. Die Kultusgemeinde solle dies mit den Orthodoxen aushandeln und An- träge im Wege der Statthalterei vorlegen. Es liegen aber keine Hinweise vor, ab wann
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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