Seite - 189 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit 1
jiddische Schriftsteller aus Wien begaben sich hin zu den großen jiddischen Massen in
Polen und unter ihnen auch Mosche Silburg.“ Ü.: A. E.)
Uri Zwi Grinberg etwa scheint in seinem „manifest tsu di kegner fun der nayer dikh-
tung“ mit diesen „Gegnern“ besonders die Galizischen/Wiener „Neo-Romantiker“,
die – auch in der kritik – den jiddischen Expressionismus angriffen, im Auge gehabt
zu haben. Was in diesem Zusammenhang jedoch festgehalten werden muss, ist die
Offenheit der kritik für alle verschiedenen weltanschaulichen Richtungen, durch die
sie eine schematisierende Einordnung nicht zulässt. Das macht gerade ihre Einmalig-
keit als Zeitdokument aus.
Die Texte von Cynthia Ozick und Mosche Silburg ähneln sich nun erst einmal
in ihren Angriffen gegen die jeweiligen Zeitgenossen, die alle damals (1920/21 bzw.
1970/1983) wie auch bis heute noch allgemein zu „Wahren“ Vertretern eines originä-
ren Judentums gezählt wurden bzw. werden : Bei Silburg sind es, wie erwähnt, Martin
Buber, Hermann Cohen, Max Nordau usf., bei Ozick Philip Roth, George Steiner,
Allen Ginsberg etc.
Was werfen Ozick und Silburg nun ihren Zeitgenossen vor ? Und was für „Heil-
mittel“ haben sie anzubieten ?
Beide Fragen sind nicht leicht zu beantworten : Silburg ist gegen den „parodisti-
schen Einfluss der Westjuden“, gegen die „kulturzionistischen“ Exponenten 9 dersel-
ben (deren Tätigkeit er eben als „parodje“ 0 bezeichnet und für welche Epitheta wie
„Trivial, alltäglich“ noch die freundlichsten sind ! ). Bei seiner Be- bzw. Aburteilung
beruft er sich (wobei mitzubedenken ist, dass dies 1920 geschrieben wurde) interes-
In seiner Zeitschrift Albatros, Nr. 1, Warschau 1922, S. 4f.
Siehe dazu den Artikel : Judith Winther, „Tradition and Revolution in Search for Roots. Uri Zvi Grin-
berg’s Albatros“, in : Nordisk Judaistik – Scandinavian Jewish Studies, Vol. 18, Lund 1996, S. 130–158.
Siehe : Moyshe Zilburg, „Vos ikh hob aykh tsu sogn (b), in : Kritik, Heft B, Wien 1920, S. 4 : „lajt mit a
fremder schprach in mojl, grym, gajsstik derwajterte, atrofierte glider fun folk, schpiln wider a hojptrolje
baj unds … afn gebit fun ‚politik‘ un hejmische winkl-‚diplomatje‘ … alss undsere schlichim, mlizim,
representantn … me grindet pojlische un dajtsche zajtungen (in russland russische), shurnaln, me iber-
sezt mitn ojssred alz zulib ufklerung far di gojim un far undsere ejgene halb-gojim.“ („Menschen mit
einer fremden Sprache im Mund, verkrüppelt, geistig entfremdet, atrophierte Gliedmaßen des Volkes,
spielen bei uns wieder die Hauptrolle … auf dem Gebiet der ‚Politik‘ und der heimischen Winkel-‚Dip-
lomatie‘ … als unsere Gesandten, Verteidiger, Repräsentanten … Man gründet polnische und deutsche
Zeitungen (in Russland russische), Journale, man übersetzt – mit der Ausrede : alles für die Aufklärung
der Nichtjuden und unserer eigenen Halb-Gojim.“ Ü.: A. E. – ebenso wie alle folgenden Übersetzungen
aus dem Artikel.)
0 Nicht nur als „Parodie“, sondern auch als „Karikatur“, „etwas Nachgeäfftes, Nachäffendes“ zu verste-
hen !
Moyshe Zilburg, „Vos ikh hob aykh tsu zogn (b)“, in : Kritik, Heft B, Wien 1920, S. 3–8, S. 3.
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519