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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 207 -
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„Wenn Dich drückt der Judenschuh“ 0 gen Musikentwicklung im Wiederfinden des „Verlorengegangenen Zusammenhangs mit dem Kosmos“ verwirklicht. Dieser „neue“ Weg sollte mit den großen sympho- nischen Werken Bruckners und Mahlers eingeschlagen werden. Im Zitieren Gustav Mahlers Dritter Symphonie – dem so groß dimensionierten Werk, „in welchem sich in der Tat die ganze Welt spiegelt“ 9 und in welchem Mahler, den gewohnten und engeren Naturbegriff verlassend, die gesamte Schöpfung symphonisch nachzugestal- ten trachtete, hob Kauder die Tendenz hervor, den Kosmos zu umfassen und darin „die Natur nicht minder als die übersinnliche Welt“. Für Kauder weise Mahler in diesem Sinne nach einer damals noch „fernen Zukunft“ – „nach der Religion des Menschen“ 0. Wie viele seiner Zeitgenossen stand auch Hugo Kauder als Komponist im anbrechenden zwanzigsten Jahrhundert unter dem beständigen Einfluss Gustav Mahlers und unter dem Nachklang seiner Werke. So meinte der dem Schönberg- Kreis nahestehende Paul Amadeus Pisk im Jahr 1924, Mahler hätte „kaum Unterricht erteilt. Wohl aber in seinen Symphonien Riesenwerke hinterlassen, die aufs stärkste eine Generation beeinflussen konnten.“ Schönberg wäre „aus dieser Generation her- vorgegangen“ und hätte „dann allerdings mit Riesenschritten eine langjährige Stil- entwicklung, […] durchlaufen“. „Enger“ – so Pisk weiter – wären „die Bande, wel- che den Symphoniker Karl Weigl und die beiden jüngeren Tondichter Hugo Kauder und Egon Lustgarten mit Mahler“ verknüpften. „Gemeinsamkeiten“ wären durch „Weltanschauung“ und „Ausdruck“ erkennbar. Nicht zuletzt durch den Lehrer Kauder stand auch Eric Zeisl in der Tradition Gus- tav Mahlers. Insbesondere Zeisls 1931 komponierte Lieder Das trunkene Lied und Die Sonne sinkt nach Friedrich Nietzsche erlauben diesen Rückschluss. Das trunkene Lied hat seine Worte aus dem Zarathustra-Text, im Nachtwandler-Lied des vierten und letzten Teils hebt Zarathustra an : „Singt mir nun selber das Lied, dess Name ist ‚Noch ein Mal‘, dess Sinn ist ‚in alle Ewigkeit‘, singt, ihr höheren Menschen, Zarathustra’s Rundgesang !“ Sowohl in Nietzsches Texten als auch in Mahlers Mu- sik spielt der „Lichtgedanke“ eine tragende Rolle. Gemäß der Textvorlage liegt auch Zeisls Trunkenem Lied die klare Entwicklung „durch Dunkel zum Licht“ zugrunde, welche musikalisch durch die Bewegung von der anfänglichen Klangsphäre as-Moll, „Oh Mensch !“, in die mit „doch alle Lust will Ewigkeit“ einsetzende, in As-Dur Gustav Mahler an Anna von Mildenburg. Mahler schrieb weiter : „Meine Symphonie wird etwas sein, was die Welt noch nicht gehört hat ! Die ganze Natur bekommt darin eine Stimme und erzählt so tief Geheimes, das man vielleicht im Träume ahnt ! Ich sage Dir, mir ist manchmal selbst unheimlich zu- mute bei manchen Stellen, und es kommt mir vor, als ob ich das gar nicht gemacht hätte.“ Zitiert nach Wolfgang Schreiber, Gustav Mahler, Reinbek bei Hamburg 1992, S. 68f. 0 Hugo Kauder, „Zur Kulturgeschichte der Musik“, in : Musikblätter des Anbruch. 1920/5, S. 178f. Paul A Pisk, „Wiener Musikleben der Gegenwart“, in : Melos. 1924/1, 4. Jg., S. 29.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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