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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 266 -
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Michaela Raggam-Blesch in Zweifel über den Tatbestand gelassen. […] sobald ich in der Lage war, regelrecht zu studieren, veränderte sich meine Einstellung zu der Frage, wie man auf Menschen wirke. Jetzt war ich glücklich darüber, dass mir keinerlei Zauber anhaftete. Die eigne Leistung sollte entscheiden. […] Nun war ich aber vor jedem leisesten Verdacht einer Beeinflussung durch meine Person befreit. Ich konnte sicher sein, dass man mir nichts schenken, mich nur dann zulassen werde, wenn man meine Leistung beim besten – oder vielmehr beim schlechtesten – Willen nicht übersehen konnte. Mit puritani- scher Strenge wachte ich darüber, nicht den Schein des ,Augenfanges‘ zu erwecken, mich durch Freundlichkeit, durch Plauderei anzubiedern.“ 9 Elise Richter erhielt im Jahre 1907 als erste Frau eine Dozentur an einer öster- reichischen Universität. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwie- fern hierbei ihre bewusste Distanz gegenüber einer als weiblich definierten Rolle aus- schlaggebend war. Ungeachtet der vielfältigen Hindernisse, mit der Frauen der ersten Generation an der Universität konfrontiert wurden, verfolgten diese ihre Studien zumeist mit Aus- dauer und Begeisterung, indem sie gegen die diskriminierenden Verhaltensweisen re- bellierten und sich durch ihre Situation als Pionierinnen besonders herausgefordert sahen. Diese Errungenschaften der Pionierinnen des Frauenstudiums waren bedeu- tend für eine Reihe von nachfolgenden Generationen weiblicher Studierender an der Universität, die ihrem Studium bereits mit größerem Selbstverständnis nachgehen konnten. Nichtsdestotrotz waren antifeministische Tendenzen an der Universität bis in die Zwanziger- und Dreißigerjahre auszumachen, wie eine Reihe von autobio- grafischen Zeugnissen belegt. 0 Gleichzeitig wurde das universitäre Umfeld zusehends zum Schauplatz antisemitischer Aggressionen, wobei auch vor physischen Übergrif- fen nicht haltgemacht wurde. Die organisierten Ausschreitungen gegen jüdische Stu- dierende wurden von deutschnationalen und katholischen Studentenverbindungen initiiert und waren unter anderem auch auf die schlechte wirtschaftliche Lage zurück- zuführen, die den Konkurrenzdruck in akademischen Kreisen noch steigerte. Die Ak- tionen wurden unter dem Vorwand der Übervölkerung der Universität mit jüdischen Studenten ins Leben gerufen und gehörten nach und nach zum Universitätsalltag. Bei den Ausschreitungen wurde immer wieder auf den hohen Anteil jüdischer Studieren- der während des Ersten Weltkriegs verwiesen, der als Beweis für den fehlenden jüdi- schen Einsatz im Krieg angeführt wurde – in Wirklichkeit jedoch auf dem steigenden Richter, Summe des Lebens, S. 68–69. 0 Neben konkreten antifeministischen Äußerungen deutet auch die Tatsache, dass Studentinnen dezidiert das Tragen von Brillen vermieden, auf die nach wie vor existente Wirkungsmacht antifeministischer Vor- urteile wie die der postulierten „Unweiblichkeit“ weiblicher Studierender. Siehe dazu : Raggam-Blesch, Zwischen Ost und West, S. 164f.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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