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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Seite - 288 -
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Elisabeth Malleier Der österreichische Zweig des „Internationalen Frauenkomitees für dauernden Frie- den“ bestand mehrheitlich aus Frauen, die aus dem radikalen Flügel der bürgerlich-li- beralen Frauenbewegung kamen. Das Komitee trat 1918 gemeinsam mit dem aöFV an die Öffentlichkeit und richtete während der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk ein Schreiben an die dortigen Delegationen, in dem es an die Beschlüsse des Haager Frauenkongresses erinnerte, nämlich das Recht der Völker auf Selbstbestimmung an- zuerkennen und ohne die Einwilligung der weiblichen und männlichen Bevölkerung keine Gebietsübertragungen vorzunehmen. Im Frühjahr 1918 veranstaltete die Sektion der „Friedenspartei“ des aöFV, die bereits kurz nach ihrem Zustandekommen und trotz des Verbots pazifistischer Tätigkeit an die 1.000 Mitglieder hatte, mehrere gut besuchte Versammlungen und sprach sich energisch gegen jede Verzögerung der Frie- densverhandlungen aus. Zu den AutorInnen der gegen Ende des Kriegs erscheinenden „Friedenshefte des aöFV“ gehörten auch Olga Misar und Leopoldine Kulka. Der erste Kongress der WilPF nach dem Krieg wurde im Jahr Mai 1919 in Zürich ab- gehalten. Als österreichische Delegierte nahmen daran Leopoldine Kulka, Yella Hertzka und Elsa Beer-Angerer teil. Kulka hielt dort ein erschütterndes Referat über die Aus- wirkungen des Hungers der Nachkriegszeit auf die Kinder, deren Todesraten rasant an- gestiegen waren : „[…] the death-rate is so terrific that funerals are held no longer, but parents wrap the little bodies in newspapers and take them on the trains at night to the cemeteries for burial. […] Austria, according to Frau Kulke [sic !], is in a worse plight than India had been during any famine.“ Auf dem Züricher Kongress unterstützte Leo- poldine Kulka auch die zionistische Forderung nach einem eigenen jüdischen Staat, da auf dem Kongress, der nach Nationen gegliedert war, keine „jüdische Nation“ vertreten war. Die englische Sozialistin Ethel Snowden, Ehefrau des Führers der englischen Labour Party, hatte der Kommission die „Resolution zur Judenfrage“, die kurz vorher auf der internationalen Sozialistenkonferenz in Amsterdam verfasst worden war, vorgelegt. In der darauf folgenden Diskussion war die Präsidentin Jane Addams der Ansicht, dass die zionistische Formulierung Parteicharakter hätte und somit über den Rahmen des Kon- gresses hinausginge. Leopoldine Kulka hingegen vertrat die Resolution sehr wirkungsvoll und beantragte außerdem in einem Zusatz einen scharfen Protest gegen die Pogrome, die zu diesem Zeitpunkt in Lemberg stattfanden. Kulka erklärte in der Schlussdebatte, sie selbst sei keine Zionistin, doch die Berechtigung der vertretenen Forderungen ergebe sich aus dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. In der darauf folgenden Abstimmung wurden Teile der Resolution sowie der Protest gegen die Pogrome angenommen. Kathryn Kish Sklar, Anja Schüler, Susan Strasser (Hg.), Social Justice Feminists in the United States and Germany. A Dialogue in Documents 1885–1933, Ithaca London 1998, S. 234. „Der Frauenkongreß und die Judenfrage“, in : Volk und Land, Nr. 27, Berlin 1919, S. 854.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Untertitel
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Autor
Frank Stern
Herausgeber
Barabara Eichinger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
558
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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