Seite - 291 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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„Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ 1
Frauenfragen zu. Im Jahr 1919 war sie eine der österreichischen Delegierten auf dem
Züricher Kongress der WilPF, und in der österreichischen Sektion der WilPF war sie
Mitgründerin und bis zu deren Auflösung im Jahr 1938 die Präsidentin. Im Rahmen
der WilPF-Arbeit war sie nach dem Ersten Weltkrieg u. a. in der Rückführung von
Kriegsgefangenen aktiv. Beim Züricher Kongress im Jahr 1919 nahm sie regen Anteil,
bezeichnete den Krieg als Folge des Kapitalismus und trat mit anderen Delegierten für
die Initiierung eines internationalen Frauenstreiks zur Verhinderung künftiger Kriege
ein. Sie hatte sowohl in der internationalen als auch in der österreichischen Sektion der
WilPF im Laufe der Zeit verschiedene Funktionen inne.
Yella Hertzka gehörte auch zu den Organisatorinnen der dritten Tagung der WilPF,
die nach Den Haag (1915) und Zürich (1919) im Jahr 1921 in Wien abgehalten
wurde. Über zweihundert Delegierte aus einundzwanzig nationalen Sektionen nah-
men am Kongress teil. Nach der Eröffnung mit dem Frauensinfonieorchester und einer
Ansprache von Jane Addams, der Vorsitzenden der WilPF, und der Vorsitzenden der
österreichischen Sektion, Yella Hertzka, und einem Empfang beim österreichischen
Bundespräsidenten Michael Hainisch wurde an sechs Tagen zu Erziehungsproble-
men, internationalen Beziehungen und praktischem Pazifismus gearbeitet. Abends
fanden mehrere öffentliche Versammlungen statt zu Themen wie Krieg, Frieden und
die Frauen oder Wirtschaftspolitik und Frauen. Der Kongress wurde in der Wiener
Presse aufmerksam verfolgt und ausführlich besprochen. Zu den Berichterstatterinnen
gehörten u. a. Olga Misar und die Schriftstellerin, Übersetzerin und Pazifistin Anna
Nussbaum. Auch Elise Richter erinnert sich in ihren Memoiren an den Kongress, be-
urteilt das gesellschaftliche Veränderungspotenzial des WilPF-Kongresses allerdings,
ebenso wie Rosa Mayreder, ziemlich kritisch. Trotz der pessimistischen (und leider
realistischen) Einschätzungen durch einige Vertreterinnen der älteren Generation der
bürgerlichen Frauenbewegung organisierte die österreichische Sektion der WilPF wei-
tere Aktionen. So fand nach dem Ende des Wiener Kongresses in Salzburg die erste
„International Summer School“ der WilPF statt, eine Veranstaltung, die an anderen
Orten wiederholt wurde. An der Sommerschule in Salzburg, die unter dem Motto
„Bildung und Internationalismus“ stand, nahmen über dreihundert junge Frauen und
Männer aus einundzwanzig Ländern teil.
Yella Hertzka war auch in den darauf folgenden Jahren in verschiedenen Bereichen
der Liga tätig. So arbeitete sie in der beim WilPF-Kongress in Dublin im Jahr 1926
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd.2, Wien 1959, S. 293f.
Women’s International League for Peace and Freedom. Geneva. October 1920.
Tagesordnung des Dritten Kongresses der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit.
Elise Richter, Summe des Lebens, Wien 1997, S. 213 ; Harriet Anderson, Vision und Leidenschaft. Die
Frauenbewegung im Fin de Siècle Wiens, Wien 1994, S. 193.
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Buch Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Titel
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Untertitel
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Autor
- Frank Stern
- Herausgeber
- Barabara Eichinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 558
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519